Franck, Eduard

Orchestral Works

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Audite 97.686
erschienen in: das Orchester 10/2012 , Seite 70

Wie bei vielen Komponisten, die zu ihren Lebzeiten durchaus geschätzt wurden, die zudem oft als Pädagogen eine beachtliche Wirkung hatten, war das Schaffen von Eduard Franck lange fast vergessen. Eine Reihe von CDs beim Label Audite sowie die wissenschaftliche Arbeit von Paul und Andreas Feuchte haben zumindest Ansätze geliefert, das vielfältige Œuvre des erfolgreichen Pianisten der Vergessenheit zu entreißen. Eduard Frank wurde 1817 in Breslau als Sohn eines Bankiers geboren. Von 1834 bis 1838 war er Privatschüler von Felix Mendelssohn Bartholdy, der ihn – neben Robert Schumann – am meisten beeinflusste. Franck lehrte an wichtigen Ausbildungsstätten in Köln, Bern und Berlin und war zudem als Pianist erfolgreich. Neben vielen Klavierwerken schrieb er eine große Anzahl an Kammermusik. Besonders sind seine Violinsonaten hervorzuheben sowie seine Konzerte. Sein größter Erfolg war das 2. Violinkonzert op. 57 sowie zwei Sinfonien und Orchesterwerke.
Die jüngste Produktion bei Audite präsentiert nun als Ersteinspielungen neben dem gut gearbeiteten, gelegentlich etwas schwerfällig klingenden Konzertstück für Violine und Orchester (um 1844 entstanden) mit der mehr als zuverlässigen Geigerin Christiane Edinger, die sich bei Audite schon mehrfach für Franck eingesetzt hat, die Orchesterwerke Der römische Carneval sowie die Fantasie für Orchester und eine Concert Ouvertüre für großes Orchester. Mit Berlioz’ genialischem Römischen Carneval darf man, wie dies die zeitgenössische Kritik leider abwertend getan hat, Francks Werk nicht vergleichen. Die auf sehr ansprechendem Niveau musizierende Württembergische Philharmonie Reutlingen unter der temperamentvollen Leitung ihres Generalmusikdirektors Ola Rudner präsentiert die Ouvertüre als ein gediegen gearbeitetes Werk, das durch seine handwerkliche Fraktur ebenso wie durch melodische Einfälle für sich einnehmen kann. Lesenswert ist allemal der informative Booklettext, der zeigt, wie die Beurteilung von Francks Schaffen nach 1850 auch durch die Lagerkämpfe zwischen “Konservativen” und der “Neudeutschen Schule” beeinflusst wurde.
Die Orchesterfantasie op. 16 und die Concert Ouvertüre op. 12 sind Werke, die versuchen, die klassische Form mit einem gemäßigt romantischen Idiom zu verbinden. Beide Werke des 1893 in Berlin verstorbenen Komponisten profitieren auf dieser insgesamt gut klingenden CD von der Detailarbeit des Dirigenten Rudner und vomEngagement der Reutlinger, die gelegentlich bei den Hörnern zwar etwas klanglichen Feinschliff vermissen lassen, insgesamt mit ihren kraftvoll-kompakten Streichern und den differenzierten Holzbläsern aber eine Orchesterleistung ohne Fehl und Tadel abliefern. Francks Kompositionen sind Beispiel für hohe handwerkliche Qualität, die, wenn sie wie hier mit ansprechendem Engagement und Sinn für die Feinheiten der Partituren gespielt werden, eine Bereicherung für das Musikleben darstellen können.
Walter Schneckenburger