Witt, Friedrich

Orchestral Works

Symphony No. 6 ("Sinfonie turque")/Concerto for Flute and Orchestra/Symphony No. 9

Rubrik: CDs
Verlag/Label: MDG 329 1299-2
erschienen in: das Orchester 11/2005 , Seite 91

Die Sinfonien von Haydn, Mozart und Beethoven lassen wenig Raum für das sinfonische Schaffen anderer Komponisten. Einspielungen wie die vorliegende mit zwei Sinfonien und einem Flötenkonzert von Friedrich Witt (1770-1836) sind daher sehr zu begrüßen, weil sie das musikalische und gesellschaftliche Umfeld deutlich machen.
Geboren als Sohn eines Kantors in Niederstetten bei Weikersheim, war Witt, über dessen Leben und Werk man nicht allzu viel weiß, von 1790 bis 1794 Cellist in der fürstlichen Kapelle von Öttingen-Wallerstein, wo auch schon vier seiner insgesamt 23 Sinfonien entstanden. Sie wurden aufgeführt, die Noten sind erhalten. Die folgenden Jahre verbrachte Witt reisend. Sein Ruhm als Komponist festigte sich, 1802 wurde er schließlich in Würzburg als Kapellmeister sesshaft. Nach 1818 komponierte er kaum noch, und wenn man auch bei seinem Tod noch seine Kirchenmusik rühmte, so geriet sein Gesamtwerk durch den sich ändernden Musikgeschmack doch bald völlig in Vergessenheit.
Witts frühe Sinfonien blieben Manuskript, nur die neun nach 1800 komponierten wurden bei André in Offenbach gedruckt. Seine 6. Sinfonie (1808) mit dem Untertitel „Sinfonie turque“ hat als Besonderheit vier Hörner und neben den Pauken große und kleine Trommel, Becken und Triangel, die für den gewünschten Effekt sorgen. E.T.A. Hoffmann rezensierte diese Sinfonie 1809 in der Allgemeinen Musikzeitung und hob sie von der damals modischen Janitscharen-Musik lobend ab. Türkisch klingen vor allem die Ecksätze, das Adagio ist ein inspirierter Dialog zwischen Bläsern und Pizzicato-Streichern, das Menuett deutet die Stimmung nur an, im Trio hat das Violoncello Gelegenheit zu einem solistischen Ländler.
Die 9. Sinfonie von 1816, „Grande Sinfonie“ genannt, bringt nach der langsamen Einleitung in Don Giovanni-Stimmung ein stürmend frühromantisches Allegro mit einer Reihe hübscher Einfälle, schöne Soli im langsamen Satz, ein Scherzo-Menuett mit Cello-Solo und zwei Hörnern im Trio und einen Finalsatz mit Divertimento-Charakter – gute Unterhaltungsmusik also, die dem Publikum gefallen wollte und gefiel. Beide Sinfonien sind lebendig musiziert, wenn auch ohne Berücksichtigung aufführungspraktischer Überlegungen, was auch für das Flötenkonzert gilt, hier vor allem im Hinblick auf den besonderen Klang der damaligen Flöte.
Witts einziges Flötenkonzert ist vermutlich in der Würzburger Zeit entstanden und wurde 1806 bei Breitkopf verlegt. Im ersten Satz fällt die sinfonische Behandlung des Orchesters auf. Die Themen sind zwar nach einem wohlgeordneten harmonischen Plan ausgebreitet, werden aber nicht verarbeitet. Der Mittelsatz, im Klavierauszug mit Adagio cantabile, in der Flötenstimme mit Andante cantabile überschrieben, verlangt wie der Mittelsatz von Mozarts D-Dur-Konzert KV 314 die Balance zwischen Ausdruck und Fließen; eine schwierige Aufgabe, besonders für das Orchester, das hier nicht ausreichend sensibel begleitet. Im Rondo ist eine Polonaise in E-Dur eingeschoben. Die komponierten Tempoübergänge werden von den Interpreten sinnfällig realisiert, wie überhaupt das virtuose und geschmackvolle Spiel der Solistin das Konzert schön zur Geltung bringt.
So ist diese CD mit den Werken eines liebenswerten und verständigen Komponisten, wie ihn E.T.A. Hoffmann in seiner Besprechung der 6. Sinfonie in der Allgemeinen Musikzeitung nennt, sehr zu empfehlen, wenn man mehr über die Spielarten der klassischen Musik erfahren möchte.
Ursula Pesek

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