Braunfels, Walter
Orchestral Songs, Volume 1
Valentina Farcas (Sopran), Klaus Florian Vogt (Tenor), Michael Volle (Bariton), Staatskapelle Weimar, Ltg. Hansjörg Albrecht
Mit seiner Oper Die Vögel nach Aristophanes war Walter Braunfels (1882–1954) in den 1920er Jahren auf Augenhöhe mit den erfolgreichen Musiktheaterkomponisten Richard Strauss und Franz Schreker. 1933 erhielt der Rektor der Kölner Musikhochschule von den Nationalsozialisten als Halbjude Berufsverbot. In der inneren Emigration komponierte er ohne Aufführungsmöglichkeiten weiter. Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs war seine spätromantisch geprägte, die Tonalität nie vollständig aufgebende Musik nicht avantgardistisch genug, ein Schicksal, das er mit vielen bedeutenden Komponisten der 1920er Jahre teilte, die nicht zur Zweiten Wiener Schule gehörten. Seit den 1990er Jahren gibt es verstärkt Bestrebungen, die von den Nationalsozialisten als entartetet gebrandmarkte Musik wiederzuentdecken: Nicht nur Braunfels Oper Die Vögel wurde auf CD veröffentlicht und wieder auf die Bühnen gebracht, Einspielungen weiterer Werke folgten, darunter auch geistliche Werke des 1918 zum Katholizismus konvertierten Komponisten.
Im Mai erschien die erste Folge der Einspielung seiner Orchesterlieder mit dem Dirigenten Hansjörg Albrecht und der sehr klangschön musizierenden Weimarer Staatskapelle. Vorspiel und Prolog der Nachtigall op. 30,3 für Koloratursopran und der Abschied vom Walde für Tenor von 1913 sind später in die Oper Die Vögel eingegangen. Die ungarische Koloratursopranistin Valentina Farcas begeistert mit dem Nachtigallenlied mit schier grenzenlosen Virtuosität, bei der man unwillkürlich an die Zerbinetta von Richard Strauss (Ariadne auf Naxos) denken muss. Gewohnt geschmeidig und höhensicher steht ihr der bekannte Wagner-Tenor Klaus Florian Vogt beim Abschied vom Walde kaum nach.
1918 wurden die Orchesterlieder An die Parzen und der lautmalerisch geprägte Der Tod fürs Vaterland (nach Hölderlin) sowie Auf ein Soldatengrab nach Hesse uraufgeführt, die die Kriegserfahrungen von Braunfels reflektieren. Dramatische Wucht, Pathos und ein dämonische Schreckensszenario bestimmen diese Lieder für Bass und große Orchesterbesetzung. Michael Volle stellt sich den Herausforderungen der Werke trotz kleinerer Einschränkungen in der Höhe mit Applomb und Gestaltungskraft.
Don Juan (op. 34, Variationen über die Champagner-Arie aus Mozarts Don Giovanni) zeigt Braunfels als ebenso einfallsreichen Instrumentator wie stets für neue Einfälle und überraschende Wendungen stehenden Komponisten. Hansjörg Albrecht und die reaktionsschnelle, in allen Gruppen gut besetzte Staatskapelle Weimar ist nicht nur bei den Orchesterliedern, sondern vor allem bei Don Juan ein die komplexen Partituren mit ebenso viel Übersicht wie dramatischem Zugriff angehender Dirigent.
Ende September erschien ebenfalls bei Oehms Classics die zweite Folge der Orchesterlieder, die Albrecht mit bedeutenden Solisten und dem Konzerthausorchester Berlin eingespielt hat.
Walter Schneckenburger