Matthew Taylor
Orchesterwerke Vol. 2
James Turnbull (Oboe), Poppy Beddoe (Klarinette), Mira Marton (Violine), BBC National Orchestra of Wales, Matthew
Der 1964 in London geborene Matthew Taylor gehört zu der Generation von Komponist:innen, die sich ganz bewusst in die Musiktradition ihres Landes stellen und in der Nachfolge von Arnold Bax, William Alwyn und Malcolm Arnold – um nur diese Namen zu nennen – eine Klang-„Sprache“ kultivieren, die einen klar erkennbar britischen „Akzent“ hat. Das große Vorbild Jean Sibelius leuchtet dabei (fast) immer durch.
Auf dem vorliegenden Album hören wir neben seiner 6. Sinfonie aus dem Jahr 2021 drei weitere Orchesterwerke: das Oboenkonzert (2020-21), das Klarinettenkonzert (2021) und das Violinkonzert (2016). Die oben erwähnten Sibelius-Anklänge, die man vor allem in Taylors 2. Sinfonie vernehmen kann, sind in seiner zur Hundertjahr-Feier von Malcolm Arnold geschriebenen 6. Sinfonie weniger bis kaum zu spüren. Wie alle Werke auf dieser klug kompilierten und im Booklet vom Komponisten selbst kommentierten CD ist auch die Sinfonie für eine kleine Besetzung geschrieben. In den Worten von Taylor hören wir „überwiegend transparente, kammermusikalische Texturen mit prominenten Rollen für Klavier, Pauken und Harfe, die oft als eigenständige Gruppe spielen“. Das Ergebnis ist überaus apart und klangsinnlich und wird vom BBC National Orchestra of Wales, das auch schon auf dem oben genannten Volume 1 von Taylors Orchesterwerken eine exzellente Figur gemacht hat und sich in der Musik seines Landsmanns ganz „ohrenscheinlich“ zuhause fühlt, hervorragend dargeboten.
Zur noch größeren Überraschung geraten allerdings die drei überaus konzise konzipierten nur rund eine Viertelstunde Spielzeit kurzen Solo-Konzerte. Die Art und Weise, wie Taylor die jeweiligen Solostimmen im Verhältnis zu dem durchweg klein besetzten Orchesterapparat behandelt, ist nicht nur originell, sondern regelrecht fesselnd. Das Oboenkonzert ist – in Taylors Worten – „für die etwas ungewöhnliche Kombination von zwei Englischhörnern und Streicher gesetzt, genau die Kombination, die Haydn in seiner Sinfonie Der Philosoph verwendet hat“. Das ebenfalls dreisätzige Klarinettenkonzert, das – auf nie epigonale Weise – dem zweiten Klarinettenkonzert von Malcolm Arnold huldigt, wirkt dank seiner geschmackvollen Instrumentierung und Besetzung streckenweise, vor allem im ersten, „Andante sereno“ betitelten Satz wie ein Klarinettenquintett in der (souveränen) Nachfolge von Johannes Brahms. Taylors Violinkonzert schlägt im Vergleich zu den beiden voraus erwähnten Werken andere, rustikale, Töne an. Vor allem der erste und dritte, „Hornpipe“ bzw. „Vivace“ überschriebene Satz huldigt dem traditionellen englischen Tanz. Dass die britischen Musiker gerade hier zur Hochform auflaufen, versteht sich fast am Rande. Fazit: very britsh – and very good!
Burkhard Schäfer