Werke von Johann Strauß, Felix Mendelssohn Bartholdy, Edvard Grieg und anderen

Ohne Sorgen

Giulietta Koch (Klavier), Burhan Öçal (Percussion), Istanbul Oriental Ensemble, Brandenburgisches Staatsorchester Frankfurt, Ltg. Howard Griffiths

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Klanglogo KL1516
erschienen in: das Orchester 06/2016 , Seite 72

Wie kann man schöner in sorgenfreie Fröhlichkeit hineingleiten als mit einem Walzer? Zumal wenn es die Schöne blaue Donau ist, dann schlägt das Happy-go-lucky-Feeling besonders hohe Wellen. Und so bleibt es nach diesem Strauߒschen Schmankerl als Eingangsstück auch eine Stunde lang beim Hören der gleichnamigen CD, die das Brandenburgische Staatsorchester Frankfurt unter der Leitung seines Chefdirigenten Howard Griffiths gemeinsam mit dem Istanbul Oriental Ensemble herausgebracht hat.
Versammelt sind hier Stücke, die das Ohr umschmeicheln und das Gemüt erheitern, Klassiker der Wohlfühl-Sinfonik wie etwa Edvard Griegs Morgenstimmung, die mit filigranen Bläsern auf satt-warmem Streichergrund einen guten Tag verheißt. Mendelssohns berühmter Hochzeitsmarsch bleibt auch mit feierlichem Duktus schlank und ohne Pathos, Offenbachs Barcarole zeigt sich zart und transparent, während Bizets Carmen-Torero Tempo vorlegt und mit Schmiss und Schmelz siegesgewiss auftrumpft.
Dirigent Howard Griffiths zeigt jedoch auch, dass Schnelligkeit und Heiterkeit nicht immer eine unauflösbare Liaison eingehen müssen. Griegs Szenerie In der Halle des Bergkönigs beginnt etwas gemütlicher als manch andere Fassung, erreicht aber in organischer Temposteigerung jene eindringliche Dramatik, die ihr gebührt. Hier und an anderer Stelle zeigen sich die Musiker als Meister feingestaffelter Crescendi.
Gershwins Rhapsody in Blue, von der Schweizer Pianistin Giulietta Koch am Klavier mit Verstand und Gefühl pointiert und im Dialog mit dem Brandenburgischen Staatsorchester Frankfurt in lässigem Groove als gelungene Melange zweier Welten präsentiert, ist das einzige Stück, das den Blick über den großen Teich lenkt, hat aber längst nicht den höchsten exotischen Faktor.
Dieser ist gewiss den Oriental Dreams zuzuschreiben, an sechster Stelle der Werkfolge nicht nur das zentrale Werk der CD, sondern auch eine Entdeckung für Gefühle zwischen Tag und Traum, zwischen Orient und Okzident. Beginnt das Stück zunächst sinfonisch wie eine Filmmusik zu einer leicht schwermütigen Romanze, gesellt sich bald die stabile Percussion-Akzentuierung von Burhan Öçal, gleichzeitig Schöpfer der Komposi-
tion, dazu und formuliert den geografisch-kulturellen Standort. Die Melodie erhebt sich über zuverlässiger Percussion-Basis, wird zuweilen durch kleinere Tonschritte und -repetitionen in einen improvisationsähnlichen Modus übergeleitet, bevor nach zartem Saitenspiel ein Blasinstrument die Herrschaft übernimmt. Es klingt wie eine Klarinette, die erzählt, aber augenscheinlich nichts mit ihrer westlichen Spielweise zu tun haben will. Noch einmal zeichnen sich in einem sinfonischen Gewölbe wunderbare melodiöse Bögen ab.
Das Schlussstück ist schließlich Namensgeber des deutschsprachigen CD-Titels: Die Polka Ohne Sorgen führt über den Umweg ihres Entstehungslandes Russland zurück ins Heimatland ihres Schöpfers Josef Strauß und damit zurück ans Donauufer, wo das Happy-go-lucky-Gefühl begann.
Sabine Kreter