Werke von Joseph Haydn und Wolfgang Amadeus Mozart

Norbert Anger

(Violoncello), Dresdner Kapellsolisten, Ltg. Helmut Branny

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Querstand VKJK 1619
erschienen in: das Orchester 06/2017 , Seite 64

Zu Zeiten der Wiener Klassik war das Violoncello als Soloinstrument leider noch nicht so gefragt wie heute. So entstanden in dieser Epoche auch recht wenig Konzerte für Violoncello und Orchester. Um das Repertoire zu erweitern, sind Transkriptionen von Solokonzerten, die ursprünglich für andere Instrumente geschrieben wurden, daher gang und gäbe. Oft werden sie von Cellisten selbst angefertigt, die mit den technischen Gegebenheiten und klanglichen Facetten des Instruments bestens vertraut sind. Das ist auch auf der hier vorliegenden Einspielung der Fall: Es handelt sich um eine Transkription von Mozarts Hornkonzert KV447, die der spanische Cellovirtuose und Pädagoge Gaspar Cassadó Moreu (1897-1966) geschrieben und selbst uraufgeführt hat. Seine Bearbeitung des Solokonzerts geht dabei über ein reines Arrangement für das Violoncello weit hinaus. Cassadó Moreu hat die Komposition teilweise gekürzt, mit eigenen Ergänzungen erweitert und sie von Es-Dur nach D-Dur, eine für das Cello dankbarere Tonart, übertragen.
Norbert Anger, dem Konzertmeister der Celli der Sächsischen Staatskapelle Dresden, und den Dresdner Kapellsolisten gelingt eine gesangliche und klangschöne Interpretation von Mozarts Konzert, die insgesamt sehr gefällig und eingängig wirkt. Die Transkription spielt dabei mit den verschiedenen Registern des Soloinstruments. Vor allem in den Kadenzen kann der Solist sein cellistisches Können entfalten. Dennoch mag der Gedanke des Hornkonzerts den Hörer nicht recht loslassen. Dies kommt besonders im direkten Vergleich mit den beiden Originalkompositionen für Violoncello und Orchester C-Dur Hob. VIIB:1 und D-Dur Hob. VIIB:2 von Joseph Haydn zum Tragen: Hier zeigt sich die ganze Vielfalt und Virtuosität des Violoncellos. Obwohl die Konzerte mit allerhand technischen Schwierigkeiten gespickt sind, lassen Norbert Anger und die Dresdner Kapellsolisten die Musik leicht, elegant und mühelos wirken. Vor allem Haydns C-Dur-Konzert sprüht voller Energie und kommt sowohl musikalisch als auch interpretatorisch ungestümer daher als das etwa zwanzig Jahre später entstandene D-Dur-Konzert, was den Schwerpunkt mehr auf den
gesanglichen Aspekt legt. Bei aller Energie und dem mitreißenden Charakter „überdrehen“ Solist und Orchester im Finalsatz des C-Dur-Konzerts fast das Tempo.
Bemerkenswert gut und differenziert ausgestaltet ist die musikalische Interaktion zwischen Solist und Orchester. Lediglich im dynamischen Bereich hätte die gelungene Einspielung bisweilen noch größere Kontraste vertragen.
Anna Catharina Nimczik