Jancourt, Eugène

Nocturne d’après John Field

für Fagott (Violoncello) und Klavier

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Accolade, Warngau 2012
erschienen in: das Orchester 11/2012 , Seite 80

Der Franzose Eugène Jancourt war einer der wenigen Komponisten des 19. Jahrhunderts, die sich fast ausschließlich dem Fagott gewidmet haben. Das Instrument verdankt ihm nicht nur einen wesentlichen Etüdenzyklus, sondern auch Aufbesserungen der Mechanik. Sein 124. Opus ist eine kurze Nocturne für eben dieses Instrument sowie Klavier und ist nach dem Vorbild John Fields komponiert, der für das Aufblühen der Gattung in der Romantik maßgeblich verantwortlich war. Die Nocturne d’après John Field ist weder überraschend noch besonders einfallsreich und mutet mit eingängiger Melodie im Zwölfachteltakt eher wie ein simples Wiegenlied denn wie ein verträumtes Charakterstück à la Chopin an.
Ganz ersichtlich ist es deshalb nicht, warum der Accolade-Verlag ausgerechnet dieses wenig spektakuläre Exemplar seiner Gattung neu herausgegeben hat. Die Edition ist variabel für Fagott oder Violoncello gestaltet. Einen bedeutenden Beitrag zum Repertoire der Instrumente hat der Verlag damit zwar nicht geleistet, musikalisch schlecht ist die kleine Nocturne allerdings auch nicht und eignet sich aufgrund ihres niedrigen Schwierigkeitsgrades vor allem für den Instrumentalunterricht – abgesehen von ein paar Koloraturen und dem Wechsel zwischen Tenor- und Bassschlüssel birgt das Stück keine technischen Herausforderungen und lässt sich leicht vom Blatt spielen.
Die Nocturne ist ein hübsches und ungewöhnlich kurzes Beispiel eines frühromantischen Werks dieser Gattung; Stimmführung und Harmonik sind schlicht, aber eingängig und verspielt. Das Stück beginnt mit einer neuntaktigen, leittönigen Introduktion und entfaltet dann ihr überschaubares Thema, das nach einer netten Überleitung im Klavier wiederholt und variiert wird. Wie elegant die schwelgerische Adagio-Melodie auf dem Fagott klingt, hat Karen Geoghegan auf einer Einspielung des Labels Chandos sensibel herausgearbeitet, und auch für das Cello scheint das Stück technisch sowie musikalisch geeignet zu sein.
Accolade hat aufgrund der variablen Instrumentierung auf Fingersätze sowie Bogenstriche verzichtet und damit die Edition passend zum Stück übersichtlich und schlicht gestaltet. Jancourts Nocturne ist also ein wenig aufregendes, aber hübsches Stück für den Unterricht und das Vom-Blatt-Spielen.
Vera Salm