Bach, Johann Sebastian
New Oboe Sonatas
Ramón Ortega Quero (Oboe), Tamar Inbar (Oboe), Luise Buchberger (Barockvioloncello), Peter Koffler (Cembalo)
Oboe satt gibt es auf der neuen CD des Meisteroboisten Ramón Ortega Quero. Nach Shadows Baroque Music und The Romantic Oboist (siehe Besprechungen in das Orchester 4/2011, S. 71, und 3/2013, S. 75) spielte der 26-jährige Spanier, Solo-Oboist im Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, erneut mit seinen barocken Spielpartnern Buchberger/Koffler und seiner Ehefrau Tamar Inbar eine CD ein. Dieses Mal mit dem verfänglichen Titel Neue Oboensonaten mit insgesamt vier Bearbeitungen von Sonaten von Johann Sebastian Bach, eingerichtet für eine bzw. zwei Oboen. Die Aufnahmen wurden im Januar 2014 in der Sendlinger Himmelfahrtskirche, die sich durch eine gute Akustik auszeichnet, gemacht.
Für Ortega Quero ist die Aufnahme nach eigenen Worten etwas ganz Besonderes. Es ist einfach die Musik. Die Stücke von Bach hätten ihn seit Langem begleitet. Sie seien echte Meisterwerke und mit ganz besonderen Momenten seines Lebens verbunden. Oft gespielt und ans Herz gewachsen, entstand in ihm das dringende und naheliegende Bedürfnis, sie aufzunehmen.
Als Oboist ist der junge Spanier auf solche Bearbeitungen angewiesen, da Bach, obwohl er die Oboe sehr schätzte und sie von allen Blasinstrumenten am häufigsten verwendete, leider keine Sonaten für Oboe komponierte. Jedoch sind im Barock Instrumente mit etwa demselben Tonumfang Violine, Flöte, Oboe bekanntlich austauschbar, sind teilweise auch im Druck alternativ besetzt; oder die Stimmen wurden bereits früh entsprechend entweder transponiert; oder es handelt sich um eine echte Bearbeitung wie im Fall der viersätzigen Partita (nicht Suite, wie im Booklet) c-Moll für Laute BWV 997, die Ortega Quero selbst vorgenommen hat und welche den Reigen mit Bachscher Oboenmusik eröffnet. Da an Stelle der Flöte die klangüppige Oboe gerne als Alternativinstrument verwendet wurde, sind die beiden Sonaten in e-Moll BWV 1034 und jene für zwei Flöten, Violoncello und Basso continuo BWV 1039 willkommene Werke auch für das Rohrblattinstrument. Für die Oboe schwer zu erreichende Töne ab e”’ oder f”’ werden dabei einfach nach unten oktaviert, um den sonoren Klang zu erhalten.
Bleibt zuletzt noch die originale und knappe 3. Sonate für Viola da gamba BWV 1029, deren ältere Bearbeitung für Flöte aus der Feder von Henrik Wiese stammt, die Ramón Ortega Quero wiederum auf sein Instrument übertrug und nun mit gewohnt sinnlichem und warmem Ton und überzeugender Technik bläst. Fort ist nun das verhalten Intime, das beinahe Jenseitige verwehender Lautentöne, der unverwechselbare, zufrieden vor sich hin näselnde, trotzdem selbstbewusste Klang der Viola da gamba, der hauchige und gedeckte Flötenton. Nun erfüllt breiter, obertonreicher Bläsersound den Raum und vermittelt dem Hörer das Gefühl, als ob die einzelnen Sonaten für die Oboe geschrieben worden wären: eine andere Klangwirklichkeit und gewandelte ästhetische Grundhaltung, die Bach gewiss gefallen hätte.
Werner Bodendorff