Wolfgang Amadeus Mozart
New Mozart
Violinkonzert KV 268/Sinfonia concertante nach der Serenade KV 361 (arr. Franz Gleißner). Mirijam Contzen (Violine). Mozarteumorchester Salzburg, Ltg. Reinhard Goebel
Unser Konzertleben ist stark auf bekannte Namen fixiert. Das eindeutig einer bestimmten Person zuzuordnende Werk in seiner durch den Notendruck fest umrissenen Gestalt dominiert den Betrieb, während Zweifelhaftes und in bestimmten Aspekten Verändertes oft genug außen vor bleiben.
Das Violinkonzert Es-Dur KV 268, nach Mozarts Tod zunächst als nachgelassene Komposition angepriesen, ist ein lehrreiches Beispiel hierfür: Dass die Echtheit des Werks bereits an der Wende zum 19. Jahrhundert angezweifelt wurde und der tatsächliche Urheber bis heute nicht ausgemacht werden konnte – gelegentlich wurde dies bezüglich der Name des Geigers Friedrich Johannes Eck (1767-1838) ins Spiel gebracht –, ändert nichts daran, dass es sich um eine beachtliche Komposition handelt.
Aufgrund des häufigen Einsatzes von Doppelgriffen in den Kopfsatzthemen und Ansätzen zu polyfoner Linienführung setzt sich der Violinpart deutlich von der Idiomatik der Mozart’schen Schreibweise ab, macht aber gerade deshalb das Stück auch zu einer spannenden, violintechnischen Herausforderung. Josef Suk nahm es in den 1970er Jahren zusammen mit dem unter KV 271a veröffentlichten Konzert noch in seine Gesamteinspielung von Mozarts Konzerten auf, doch danach ist es still darum geworden.
Mirijam Contzen, nach Aufnahmen u. a. mit den Violinkonzerten Mo-zarts (2014) und Franz Clements (2020) erneut vom Dirigenten Reinhard Goebel und dessen Expertise in historisch informierter Aufführungspraxis unterstützt, packt die Komposition mit der ihr eigenen Mischung aus energischem Spiel und Kantabilität sowie mit klanglich reich abgestuftem Zugriff auf Passagenwerk und Artikulationen an. Die Sicherheit im Vortrag beeindruckt ebenso wie die klangvolle Gestaltung kantabler Abschnitte etwa des Mittelsatzes oder der in gleichem Maße präzise wie zarte Zugang zu den differierenden musikalischen Charakteren des Rondo-Finales.
Als Bereicherung erweist sich auch die Orchesterbearbeitung der „Gran Partita“ KV 361 durch den Mozart-Zeitgenossen Franz Gleißner (1761-1818): Indem er der bekannten Bläserserenade sinfonische Ausmaße verleiht und einem von Streichern dominierten orchestralen Klangkörper die über weite Strecken hinweg in solistischer Manier eingesetzten Klangfarben der Bläser gegenüberstellt, verleiht Gleißner den formalen Dramaturgien der sieben Sätze ungewohnte Akzente und gestaltet sie – die Bezeichnung „Sinfonia concertante“ deutet es an – zum Miteinander konzertierender Gruppen um.
Reinhard Goebel gibt sich viel Mühe, die Kontraste herauszuarbeiten, was ihm beispielsweise innerhalb des Kopfsatzes oder in den beiden Menuetten hervorragend gelingt. Demgegenüber fehlt es dem an dritter Stelle stehenden Adagio etwas an Ruhe, weshalb sich die klanglichen Details hier nicht so recht entfalten können.
Stefan Drees