Karl-Heinz Köper
Mytho-Logica
Drei skurrile Skizzen für Pauke und Orchester (1962), Partitur
Kriegsteilnahme und ‑gefangenschaft, erst danach Abitur und Musikstudium – das Leben heutiger Komponisten verläuft anders als das des 1927 in Hannover geborenen Karl-Heinz Köper. Nach dem Studium arbeitete Köper mehrere Jahre als Kapellmeister an der Oper, bevor er sich als Komponist mit eigenem Verlag in Isernhagen selbstständig machte.
Sein Erfolgsrezept war gehobene Unterhaltungsmusik, mit der er zu einem der meistgespielten Urheber seines Genres in den 1960er- bis 1980er Jahren wurde. Dabei bediente er vor allem die Unterhaltungsorchester der Rundfunksender, die ihren Gefallen an seinem speziellen Balanceakt zwischen E- und U‑Musik fanden. Nach seinem Tod 2011 nahm sich der Dohr-Verlag seines Gesamtwerks an und veröffentlicht nach und nach sämtliche bisher im Selbstverlag erschienenen Kompositionen in revidierten Neuausgaben.
Aktuell erschien eines von Köpers großen Erfolgsstücken, Mytho-Logica für Solopauke und Orchester, erhältlich auch in einer Version für Blasorchester. Diese musikalische Groteske besteht aus drei Sätzen, die jeweils einer mythologischen Figur der Antike gewidmet sind.
Die erste Tafel dieses Triptychons zeigt das Porträt des Höllenhundes Cerberus als Allegro brutale, in dem das wild hin und her springende Thema der vier Pauken sich erst kurz vor Schluss beruhigt, um dann mit den letzten Tönen doch noch einmal fest zuzubeißen. Orcus, dem Gott der Unterwelt, ist ein Adagio Misterioso gewidmet, das atmosphärisch geprägt wird durch Hornquinten und Glissandi von Soloinstrument und Streichern, luftiges Gesäusel der Piccoloflöte und Akkordpendel zwischen Pauke und Harfe. Jupiter Tonans, der Donnergott, wird abschließend charakterisiert in einem Allegro tempestuoso, das angemessen energiegeladen dahergebraust kommt mit gesättigten Quinten und kräftigen Fanfaren, Anklängen von Filmmusik und einem kräftigen Paukendonner am Schluss.
Meilenweit entfernt von der zeitgleich entstehenden musikalischen Avantgarde ist die Musik Köpers stets durch und durch traditionell, sie knüpft in jeder Sekunde an die Erwartungen, Wünsche und Möglichkeiten der Interpreten an. Die Auftraggeber seiner Instrumentalkonzerte, die er gerne auch für ungewöhnliche Instrumente schrieb, konnten sicher sein, bei überschaubarem Arbeitseinsatz eine effektsichere und musikantische Literatur auf Leib und Instrument geschneidert zu bekommen. Die Orchesterstimmen sind gleichfalls spielfreundlich geschrieben, nicht übertrieben komplex und bereits nach wenigen Proben aufführbereit. Köper kultivierte in seiner Musik ein elegantes kompositorisches und kapellmeisterliches Handwerk, er flirtete unorthodox und undogmatisch mit der Musikgeschichte, bediente sich hier und dort – und gelangte trotzdem zu einem eigenen Personalstil. Köper erkennt man.
In Design und Architektur sind die 1960er- und 1970er Jahre derzeit wieder besonders en vogue, warum also nicht auch in der Musik mal einen Blick zurückwerfen? Die Mytho-Logica bietet sich an, aber auch Köpers Tuba Tabu, das als sein vielleicht berühmtestes Werk damals um die Welt ging.
Stephan Froleyks