Axel Petri-Preis

Musikvermittlung lernen

Analysen und Empfehlungen zur Aus- und Weiterbildung von Musiker_innen

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: transcript
erschienen in: das Orchester 03/2023 , Seite 62

Die als Dissertation an der Universität für Musik und darstellende Kunst Wien entstandene Arbeit ist nicht etwa ein Lehrbuch der Musikvermittlung, sondern eine Studie, die das Lernen auf diesem Tätigkeitsfeld thematisiert. „Musikvermittlung“ fungiert dabei als Sammelbegriff für künstlerisch-pädagogische Praktiken, die vorwiegend auf klassische Musik ausgerichtet sind und in der Regel an mit ihr verbundenen Kultur- und Bildungsreinrichtungen stattfinden. Die Arbeit „zielt darauf ab, herauszufinden, wie sich klassische Musiker_innen das nötige Wissen aneignen, um in der Lage zu sein, kompetent an Praktiken der Musikvermittlung teilzunehmen, und wie sich dabei Identität und soziale Zugehörigkeit formieren“.
Axel Petri-Preis, der über vielfältige Erfahrungen im Gebiet Musikvermittlung verfügt, betreibt sein Vorhaben als qualitatives Forschungsprojekt. Die methodologischen Grundlagen bilden die von Adele E. Clarke erarbeitete Situational Analysis, eine Weiterentwicklung der Grounded Theory Methodology, sowie die Site Ontology von Theodore R. Schatzki, die sich hervorragend zur Erhellung von Praktiken und Praxisfeldern wie denen der Musikvermittlung eignet. In diesem Zusammenhang reflektiert der Autor auch seine persönliche Perspektive auf Musikvermittlung und die Genese seines Forschungsinteresses. Der „theoretische Referenzrahmen“ wird im ersten, 81-seitigen Teil des Buchs weitläufig dargestellt. Wer sich für die Entwicklung der komplexen, weit verzweigten Fragen und Designs dieser Art von Forschung interessiert, findet hier eine enorm kenntnisreiche, allerdings nicht immer leicht zu lesende Darstellung.
Nachdem die „soziale Welt der Musikvermittlung“ ausgeleuchtet wurde, rücken die Interviews mit den Proband:innen in den Mittelpunkt. Diese sind sechs Frauen und sechs Männer verschiedener Altersgruppen. Sie spielen verschiedene Instrumente, haben ein Musikstudium absolviert und gehen mehreren musikbezogenen Tätigkeiten nach. Die Gespräche und deren Auswertungen liefern viele aufschlussreiche Einblicke in die Lernwege der Befragten.
Das Schlusskapitel fasst die hauptsächlichen Forschungsergebnisse der Arbeit zusammen und gibt sodann eine Reihe von bündig formulierten, jeweils wohlbegründeten Handlungsempfehlungen. Sie betreffen die Hochschulausbildung sowie die Konditionen von Musikvermittlung in Musikbetrieben und sind geeignet, Tätigkeiten im Bereich Musikvermittlung aufzuwerten und günstigere Bedingungen für dieses wichtige Praxisfeld zu etablieren.
Der Autor hat eine äußerst gründliche, theoretisch fundierte Studie vorgelegt, die auf hohem wissenschaftlichen Niveau viele praxisrelevante Ergebnisse bietet.

Ulrich Mahlert