Städtischer Musikverein zu Düsseldorf (Hg.)
MusikVereint
Der Städtische Musikverein Düsseldorf, also der Konzertchor der Landeshauptstadt, kann auf 200 Jahre seines Bestehens zurückblicken. Aus diesem Anlass ist eine 224 Seiten starke Publikation erschienen, welche in einer Vielzahl von Beiträgen die Geschichte des Chors chronologisch schildert, aber auch und vor allem eine Fülle stimmungsfördernder privater Statements enthält. Sie bilden eine sympathische Farbe in dem optisch sehr wohlgestalteten Buch, bedürfen jedoch keiner näheren Bewertung.
Als „Verein für Tonkunst“ trat der von Laiensängern getragene Musikverein am 10. Mai 1818 erstmals öffentlich in Erscheinung, und zwar mit Joseph Haydns Jahreszeiten. Im Laufe der Jahre entwickelte er sich zu einem maßgeblichen Träger des Düsseldorfer Konzertlebens. Bald gesellte sich ein Orchester hinzu, welches in den GMD-Jahren von Eugen Szenkar (1952-1960) den Namen Düsseldorfer Symphoniker erhielt.
Historisch entscheidend geprägt wurde der Musikverein durch die Berufungen von Felix Mendelssohn und Robert Schumann als städtische Musikdirektoren. So kurz die Präsenz von Mendelssohn auch war (1833-1835), sie erwies sich als eine besonders glückliche. Schumann hingegen vermochte sich nur schwer an die rheinische Mentalität zu gewöhnen. Seine Frau Clara empfand die „untere Klasse“ der Düsseldorfer sogar als „durchgängig grob“. Ihnen fehle ganz einfach die „höhere Bildung“. Zwar assimilierten sich die Schumanns mehr und mehr, aber ihr Verhältnis zur künstlerischen Umwelt war und blieb ein äußerst gespaltenes. Gleichwohl entstand in den Düsseldorfer Jahren ein Großteil von Schumanns Musik, sogar eine Festouvertüre mit Gesang über das Rheinweinlied. Das Publikum sang in der Premiere 1853 frohgestimmt mit.
Alle Veranstaltungen fanden in der Tonhalle statt; sie wurde 1943 zerstört. 1978 stand dann endlich die ehemalige, attraktiv umgebaute Rheinlandhalle für das Düsseldorfer Konzertleben zur Verfügung. Auch sie besitzt ein großes Auditorium, ist somit für ausladende Besetzungen besonders prädestiniert. Kein Wunder, dass Gustav Mahlers 8. Sinfonie („der Tausend“) immer wieder zur Aufführung gelangte. Im Gegensatz zur Münchner Uraufführung mit 1030 Mitwirkenden beschränkte man sich in Düsseldorf bei der aktuellen Einstudierung Anfang Juli auf etwa 400 Sänger und Orchestermusiker, doch ist selbst diese Zahl gigantisch genug.
Obwohl sich der Düsseldorfer Musikverein bei dieser Gelegenheit einiger Gastchöre versichern musste, gehört er selbst doch zu den besonders üppig besetzten Vokalensembles. Ein Kapitel des Buchs verteidigt nachdrücklich die „Vorzüge eines großen Chores“, nicht zuletzt als weiterhin wirksamen Kontrast zu den reduzierten Besetzungen, welche durch die historisch informierte Aufführungspraxis in Mode gekommen sind. Dass der Düsseldorfer Musikverein andererseits zeitgemäßen Entwicklungen gegenüber aufgeschlossen ist, zeigt u.a. sein SingPausen-Projekt, welches den ganz jungen Sängernachwuchs fördert. Dafür wurde ihm 2017 der Jugend-Kulturpreis verliehen.
Christoph Zimmermann