Maul, Michael / Mundus, Doris
Musikstadt Leipzig in Bildern
Bd. 1: Michael Maul: Von den Anfängen bis ins 18. Jahrhundert, Bd. 2: Doris Mundus: Das 19. Jahrhundert
Leipzig hat sich auf die Fahnen geschrieben, eine Musikstadt zu sein. Zahlreiche Institutionen und Initiativen der Gegenwart betonen die Synergieeffekte urbaner Musikkultur. Schumann, Mendelssohn, das Gewandhaus, die Stadtpfeifer, Bach und Bach-Pflege, die Wiege der akademischen Musikstadt in der Tat ist das musikalische Gesicht der Stadt vielseitig, und vielseitig ist es auch auf dem Buchmarkt präsent, sei es auf dem wissenschaftlichen oder populärwissenschaftlichen Sektor.
Doch ein Kompendium wie dieses fehlte bisher, stellte wahrhaft ein Desiderat dar auf dem gediegeneren Bildungsbuchmarkt. Einem Genre lässt sich das eindrucksvolle Konzept wohl eher schwerer zuordnen, denn die beiden ersten Bände einer auf drei Bände konzipierten Reihe erfüllen die Kriterien sehr vieler Genres. Am ehesten lassen sie sich wohl als musikhistorisch instruktive Bildbände beschreiben.
Ansprechend aufgemacht werden Schlaglichter auf die unterschiedlichsten Entwicklungen einer Stadt geworfen, deren Musikleben nicht erst mit Bach begann und sich auch im 19. Jahrhundert nicht auf Mendelssohn und Schumann beschränkte. Entwicklungen werden aus der bildlichen Abfolge in ihrem Kontext deutlich, und das Wechselspiel bemerkenswerter Bilder und klarer erklärender Worte lässt außerordentlich intelligent eindrucksvolle Perspektiven entstehen.
Daraus, dass Geschichtskonstruktion immer selektiv ist, machen die Bücher keinen Hehl. Sicher wird man sich immer fragen können: Warum dieser (scheinbare) Kleinmeister und nicht jener? Warum dieses Bild und nicht jenes? Warum dieser Musiker an dieser Stelle und nicht an einer anderen, an der sein Einfluss auch spürbar gewesen ist? Geschichtsschreibung ist Interpretation. Das Geschichtsbild aus Bildern, das hier präsentiert wird, ist aber in jedem Falle stimmig. Und auch dem Kenner dürfte diese Sammlung so manches Aha-Erlebnis verschaffen. Natürlich sind das nicht in erster Linie Bücher zum Hintereinanderweg-Lesen und dann Weglegen. Ein bisschen den Anspruch des Gesamtkunstwerks erfüllen sie mit der Einladung zur musikhistorischen Entdeckungsreise geleitet vom Sehsinn. Dass dieser durch Werkbeschreibungen und attraktive Notendrucke nicht selten zurückführt zum Hörsinn, liegt auf der Hand. Das ist spannend und garantiert langwierige Beschäftigung, wenn man die Lektüre ernsthafter betreiben will.
Solide recherchiert, hochwertig aufgemacht und dennoch überaus lesbar präsentiert, befriedigen die beiden Bände die Bedürfnisse des musikinteressierten Laien ebenso wie des sozialhistorisch orientierten Forschers, dem sie Impulse und Anregung liefern können. Wer Musik im sozialen Kontext betrachten will und sich für die mitteldeutsche Musiktradition interessiert, der wird um die visuellen Kompendien schwer herumkommen.
Tatjana Böhme-Mehner