Arbeitsgemeinschaft Musikermuseen in Deutschland (Hg.)
Musikermuseen in Deutschland
Den Noten auf der Spur
Kennen Sie die „Arbeitsgemeinschaft Musikermuseen in Deutschland“? Ich kannte sie nicht. Leider. Sie wurde 2005 gegründet, umfasst mittlerweile 44 Museen und hat dieses Werk – ein Nachschlagewerk, Bilderbuch, Reiseführer, Kunstwerk? – herausgegeben. Es ist alphabetisch sortiert nach Städten, die berühmten Musikern bzw. überwiegend Komponisten ein Museum gewidmet haben. Naturgemäß sind nur wenige Frauen vertreten, nur die „üblichen Verdächtigen“ wie Fanny Mendelssohn oder Clara Schumann.
In seiner Vorstellung besucht man in diesem Buch Orte, von denen man noch nie gehört hat: Graupa, Rain, Lobejün, Großrückerswalde. Erstaunlich, wie viele „musikalische Museumsstädte“ Deutschland uns offeriert. Für jedes Ziel werden die Ausstellungsschwerpunkte und ‑besonderheiten zusammengefasst, zum Beispiel Gedenkmünzen oder Briefmarken, Porträts oder Plastiken, Klanginstallationen oder Hörstationen.
Es werden Anekdoten über Land und Leute erzählt wie diejenige zur Enthüllung des Beethoven-Denkmals 1845. Es werden (mitunter überraschende) biografische Details zu bedeutenden Persönlichkeiten geliefert. Es gibt diverse Tipps zu Highlights und Musikfestivals, zu Übernachtungs- und Einkehrmöglichkeiten, zu Touristeninformation und zu Öffnungszeiten. Eintrittspreise werden nicht beziffert, aber die ändern sich bekanntlich auch ständig.
Wir erhalten schöne Fotos von Orten, Museen, Interieurs, alles lebendig, hautnah. Allein aufgrund des Fotos spürt man die „Abendstimmung im Schumann-Haus“ in Leipzig. Wir können den 1703 gebauten Spieltisch der Wender-Orgel in Arnstadt, einer der Bach’schen Wirkungsstätten, quasi berühren; eine Bach-Büste sowie die Rekonstruktion von Bachs Aussehen anhand des Schädels (die erste dreidimensionale Gesichtsrekonstruktion der Medizingeschichte!) in Eisenach und das historische Arbeitszimmer des Dichters Fritz Reuter bewundern; ein Modell einer barocken Opernbühne im Hamburger Hasse-Museum; in Frankfurt Hindemiths Viola d’amore; in Graupa ein Hammerklavier aus dem Jahr 1800; das Orgelpositiv der Leipziger Thomaskirche; einen Edison-Phonographen mit Löwe-Walzen im oben erwähnten Löbejün; eine Erstauflage von Leopold Mozarts Versuch einer gründlichen Violinschule.
Angesichts solcher Vielfalt mag lediglich der Untertitel dieser anschaulichen Saiten-Seiten-Sammlung verwundern: „Den Noten auf der Spur“. Das ist nett, aber nicht annähernd so treffend und umfassend wie der Inhalt dieses wunderbaren, hübsch bebilderten, übersichtlich gestalteten, Neues enthüllenden, gelungenen Buches. Wenn man es liest, glaubt man fast schon überall dort in jenen reizvollen, interessanten Städtchen gewesen zu sein, mit Brahms und Co. in einer sommerlichen Laube gesessen und im Parkhotel gespeist zu haben.
Neben einem ausführlichen Register und Abbildungsverzeichnis findet sich auch eine Deutschlandkarte mit Adressen. Gute Reise!
Carola Keßler