Tobias Bleek/ Ulrich Mosch
Musik
Ein Streifzug durch 12 Jahrhunderte
„Musik ist kein kontinuierlicher und einheitlicher Strom“, so die Herausgeber. Es gibt Blütezeiten und Durststrecken. Musikgeschichtsschreibung ist problematisch. Daher durchstreifen sie kreuz und quer zwölf Jahrhunderte Musikgeschichte und erzählen 183 Geschichten von Dingen, „die für das jeweilige Zeitalter wichtig und charakteristisch sind“. Das reicht vom Gregorianischen Gesang über „Große Kunst in kleiner Form – Trobadors, Trouvères, Minnesänger“ hin zur Erfindung des Musikdrucks, Monteverdis L’Orfeo und den Beginn der Oper bis zur Gattung der Sinfonie („Vom Lärmkiller zur höchsten Gattung“).
Es gibt Komponistenkapitel wie „,Durch Leiden zur Freude‘ – Mythos Beethoven“ und „Richard Wagner – Von der Oper zum Musikdrama“. Im 20. Jahrhundert widmet man sich u.a. dem Jazz („Von New Orleans nach Chicago – Die Anfänge des Jazz“) und politisch missbrauchter Musik („Musik als Propaganda – Die Musikpolitik der Nationalsozialisten“), der beginnenden Popmusik („The Beatles – Aufbruch zu neuen Ufern“), im 21. Jahrhundert dem Hip Hop, der industriellen Verwertung von Musik und der Popmusik im Internet.
Es sind Geschichten von Menschen und ihrer Musik, von künstlerischen Ereignissen, von Aufführungen, von Instrumenten, Techniken und Orten, wo Musik gemacht wird. Musikstücke, die eine Schlüsselrolle gespielt haben, werden in den Mittelpunkt gerückt, an ihnen wird das Typische der „Epoche“ dargestellt.
Der Streifzug, der von der Antike bis zur Gegenwart reicht, bildet ein weit gespanntes, facettenreiches Mosaik der Musikgeschichte, in dem der Leser nach Lust und Laune zwischen den Texten hin und her springen kann. Renaissance, Romantik und Moderne bilden den Schwerpunkt des Buchs, als dessen Ecksteine die Erfindung der musikalischen Schrift im ausgehenden 9. Jahrhundert und die Klangspeicherung mit technischen Mitteln in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts definiert werden. Die Schrift erst gestattete, Musik ‚festzuhalten‘: „Die Notation erlaubt es, sich eine ziemlich genaue Klangvorstellung von Musik zu verschaffen und sie singend oder spielend zum Klingen zu bringen.“ Gäbe es die Klangspeicherung nicht, „so hätten wir heute keine genaue Vorstellung davon, wie Ella Fitzgerald, die Beatles oder eine ungarische Bäuerin vor hundert Jahren gesungen oder wie die Berliner Philharmoniker unter Wilhelm Furtwängler gespielt haben“.
Der mit Abstand größte Teil des Buchs ist daher dem 20. und 21. Jahrhundert gewidmet. 18 Autoren setzen das faszinierende Mosaik zusammen, das auf dem aktuellen Stand der musikwissenschaftlichen Forschung basiert. Einen wissenschaftlichen Apparat mit Quellen‑, Literatur- und Zitatennachweis gibt es allerdings nicht, aber Fachbegriffe werden an Ort und Stelle in den Marginalspalten der Texte erklärt. Das reich bebilderte Buch ist quasi eine Musikgeschichte, ein exzellenter Crashkurs für Anfänger, präzise und profund, ohne belehrend daherzukommen. Ein Sachregister erlaubt gezieltes Nachschlagen.
Dieter David Scholz