Werke von Eugène Bozza, ­André Caplet, Rika Suzuki und anderen

Music from France for Flute and Piano

Atsuko Koga (Flöte), Fuminori ­Tanada (Klavier)

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Genuin
erschienen in: das Orchester 11/2022 , Seite 72

Befasst man sich mit der Querflöte als Solo-Instrument, führt die musikalische Reise im Prinzip auf direktem Wege nach Frankreich – seit Paul Taffanels Ernennung 1893 zum Professor für Flöte am Pariser Conservatoire ist das ohnehin seit seiner Gründung äußerst renommierte Institut für lange Zeit das Epizentrum für die Entwicklung des Flötenspiels: „Taffanel kultivierte ein ausdrucksstarkes, sensibles Spiel voller Eleganz und Geschmeidigkeit, wobei er einer natürlichen Tongebung oberste Priorität einräumte und seine virtuose Technik respektvoll in den Dienst der Interpretation des Notentextes stellte.“ (Anja Weinberger)
Wohl jede Flötistin kennt auch heute noch die Technikstudien und hat „ihren“ Taffanel (& Gaubert) in der Übehistorie – wir interpretieren ihn als eine Art „Vater“ der modernen, französisch geprägten Flötenspielschule. Taffanel prägte also Generationen, zog Flötist:innen an das Conservatoire und ermöglichte so zugleich auch ein kompositorisches El Dorado, in dessen Wirkungskreis die Hörer:innen von Atsuko Koga (Flöte) und Fuminori Tanada (Klavier) in vorliegender CD aufgenommen werden.
Schon im ersten Werk der Aufnahme – Eugène Bozzas Agrestide op. 44 (1942) – erahnt man den Ursprung der spezifischen Eigenschaften, die zu Berlioz’ durchaus streitbarer Feststellung geführt haben mögen, die Flöte sei das beweglichste unter allen Blasinstrumenten. Im formal eleganten, mit einem virtuosen Finale endenden Werk demonstriert die versierte Flötistin ihr Können gleich im großen Wurf – Bozza hatte das Stück für die Aufnahmeprüfung konzipiert. Fein in Klang und im Meistern der zahlreichen virtuosen Herausforderungen fügt Koga das klug gewählte Programm mit Werken von André Caplet, Rika Suzuki, Gabriel Fauré und Fuminori Tanada zum funkelnden Kleinod.
Die Kompositionen der beiden japanischen Komponist:innen, die beide in Paris studierten, stellen zugleich Uraufführungen dar: Tanada und Suzuko widmen ihre Werke Atsuko Koga. Tanadas Echoing Forest III ist die „Fortsetzung einer Serie, für die bereits Werke für Klarinette sowie für Violine und Klavier entstanden waren“ (Hannes Föst). Der Komponist amalgamiert hier beide Instrumente zu einem spannend-atmosphärischen Farbwechsel. Atmosphärisch-dicht ist auch Suzukis Réminiscence de … II, in der sich die Komponistin ausdrücklich auf die tiefe Verbundenheit und Inspiration durch die ­Virtuosin Koga bezieht.
In der Tat faszinieren die beiden Musiker:innen vom ersten Ton an; sie gehen technisch und klanglich eine geradezu ideale Symbiose in der Interpretation der beeindruckenden Literaturauswahl ein. Alles scheint leicht, ein Spiel! Hier finden wir das von Taffanel idealisierte „ausdruckstarke Spiel voller Eleganz und Geschmeidigkeit“: Es scheint, dass die Flöte von ihren Ausdrucksmöglichkeiten her offen ist für alles (Bizet).
Christina Humenberger