Werke von Tschaikowsky, Arensky, Elgar und Fuchs
Music for strings
Orchestra Orfeo, Ltg. Domenico Famà
Positiv zu bemerken ist, dass diese CD eine Reproduktion der gängigen Stücke für Streichorchester aus dem 19. und frühen 20. Jahrhundert vermeidet; sie erschließt vielmehr ein Repertoire jenseits des Mainstreams und verweist damit auf eine musikalische Vielfalt, die in diesem Bereich noch entdeckt werden kann.
Eröffnet wird die Produktion mit Peter Tschaikowskys Andante cantabile für Violoncello und Streicher op. 11, das – sehr geschickt platziert – wie eine Art Präludium zu den nachfolgenden Variationen über ein Thema von Tschaikowsky op. 35a von Anton Arensky wirkt. Bereits diese ersten Stücke machen jedoch die Schwächen der Aufnahme deutlich: Tschaikowskys lyrischer Gesang wird vom Cellisten Giulio Nicolosi zwar mit viel Schönklang angeführt, wirkt dabei aber leider auch etwas ziellos. Letzteres erweist sich dann in Arenskys Variationszyklus als massives Problem: Die einzelnen Teile stehen nicht nur recht beziehungslos nebeneinander, sondern lassen auch intern die Spannungsbögen eines auf musikalische Zusammenhänge gerichteten Musizierens vermissen. Dabei ließe sich so viel mehr aus dieser Musik herausholen: Es fehlen klangliche Feinheiten und differenzierte dynamische Schattierungen, und Dirigent Domenico Famà scheint kein Interesse daran zu haben, neben der vor Bass und Harmonik meist in den Vordergrund gerückten Oberstimme auch dem Mittelstimmengeflecht musikalische Bedeutung zu verleihen. Damit nicht genug, lässt das Zusammenspiel der Ensemblemitglieder immer wieder spieltechnische Unebenheiten – etwa verwackelte Einsätze oder Intonationsschwächen beim Vortrag von Flageoletts – hervortreten.
All dies wiederholt sich beim zweiten Teil der CD, der wiederum von einem Einzeltstück, nämlich der Elegy op. 58 von Edward Elgar, eröffnet wird und dann eine großformatige Komposition, die Serenade Nr. 3 E-Dur von Robert Fuchs, folgen lässt. Wie Tschaikowskys Andante cantabile wirkt Elgars Miniatur kurzatmig: Es fehlt die Weite bei der Gestaltung der kantablen Bögen, und die Musik plätschert Takt um Takt voran, was sich dann in der Fuchs’schen Serenade fortsetzt. Hier ist die Schwerfälligkeit der Musiker:innen erst recht bedauerlich, weil das Gewebe des Tonsatzes so viele Möglichkeiten bietet, die völlig ungenutzt bleiben. Die Musik blüht niemals richtig auf, über Generalpausen und Phrasenenden hinweg wird keine Spannung gehalten, ungewöhnliche harmonische Wendungen bleiben unausgekostet. Von Flexibilität oder agogischer Raffinesse kann bei der Wiedergabe ebenfalls keine Rede sein, weil metrisches Gerüst und rhythmische Verläufe sehr starr exekutiert werden. All das lässt die Umsetzung nicht nur langweilig, sondern über weite Strecken auch ziemlich unbeholfen erscheinen. Verstärkt wird dieser Eindruck noch dadurch, dass der Streichorchesterklang auch in technischer Hinsicht nicht gut eingefangen ist. Angesichts der hörenswerten Zusammenstellung ist das außerordentlich schade.
Stefan Drees