Christian Ridil
Music for Orchestra
Jens Josef (Flöte), Rainer Seidel (Fagott), Leipziger Symphonieorchester, Ltg. Robbert van Steijn
Der Komponist Christian Ridil verwahrt sich im Booklet dagegen, „Programmmusik“ zu schreiben. Warum? Ist es eine Schande, sich in eine Reihe mit George Gershwins Ein Amerikaner in Paris, Alexander Mosolovs Eisengießerei, Arthur Honeggers Pacific 231 oder Wynton Marsalis’ Citi Movement zu stellen? Nun denn, fasse ich seine drei Orchesterwerke eben nicht unter diesem Begriff zusammen und setze an dessen Stelle „programmatisch orientierte Empfindungsmusik“. Denn darum geht es ihm: Er komponiert Musik, die Empfindungen weckt und die Fantasie zu Bildern anregt.
Robbert van Steijn führt das Leipziger Symphonieorchester in den drei auf der CD vereinten Werken mit leichter Hand und Sympathie für den sanften Humor, der unaufdringlich durchschimmert. Sie entstanden zwischen 1994 und 1999, orientieren sich stilistisch aber eher an den Klängen vom Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts und schmeicheln sich entsprechend angenehm ins Ohr.
Ridils Symphonie Pictures of a City spiegelt innerhalb von 24 Minuten verschiedene Aspekte des großstädtischen Lebens, beginnend mit einer „Rush hour“ und dem Aufführungshinweis „in hektischer Bewegung“. So rasch, wie Autos vorbeirasen, flirren im ersten Satz die Töne und zwischendurch gibt es die Andeutung eines Hupkonzerts. Den Gegenpol bildet der Satz „On the river“, der über weite Passagen langsam und gleichmäßig dahinfließt, zwischendurch jedoch ein wenig aufgewühlt wirkt. Ihm folgt ein nervöses, an Brüchen, drängender Percussion, eruptiven Bläsern und glückseligen Melodien reiches Abbild des „Nightlife“.
Auch in Les jardins de Pan erzählt das Orchester eine Geschichte – und dies so quicklebendig, dass es auch als Ballettmusik wirken könnte. Immerhin springt und tanzt der lüsterne, durch Querflöte, Piccoloflöte und Altquerflöte symbolisierte Hirtengott Pan im ersten Satz vergnügt durch seine Gärten. Im zweiten Satz scheint er einer Nymphe nachzustellen und im dritten wirkt er wieder erwartungsvoll und vergnügungssüchtig. Der Flötist Jens Josef, für den Ridil das Konzert geschrieben hat, interpretiert diese Stimmungsnuancen mit Spielfreude und Einfühlungsvermögen.
Und Brahms en France? Dieses 21-minütige Konzert für Fagott und Kammerorchester enthält keine derartigen programmatischen Bezüge und folgt trotzdem einem Programm. Hier schlägt Ridil eine Brücke zwischen – so Ridil – französisch-eleganter Légèreté und deutsch-ernster Strenge. Tatsächlich wechseln sich in den drei Sätzen diese Grundhaltungen, überlappen sich und werden wieder getrennt. Der Fagottist Rainer Seidel bewegt sich mit einem feinen Gespür für die Gegensätze in diesem stilistischen Spannungsfeld. Werner Stiefele