Werke von Bottesini, Bruch, Bragato und anderen

Mozarteum Double Bass Sound

Christine Hoock (Kontrabass)

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Uni Mozarteum Records
erschienen in: das Orchester 01/2018 , Seite 75

Seit mehreren Jahren ist Christine Hoock Universitätsprofessorin für Kontrabass am Salzburger Mozarteum. Einst war sie eine der ersten Frauen, die an der Frankfurter Musikhochschule zum Kontrabasstudium zugelassen wurden. Sie war viele Jahre lang Solokontrabassistin im WDR Sinfonieorchester Köln und sie und ihre gleichaltrigen Kolleginnen zählen durchaus zu den Vorreiterinnen in Sachen von Frauen gespielter klassischer Kontrabass. In den vergangenen zehn Jahren sind sie erfreulicherweise deutlich mehr geworden, die Kontrabassistinnen – egal ob in Klassik, zeitgenössischer komponierter und experimenteller/improvisierter Musik oder im Jazz.Christine Hoock zählt zu den hervorragenden Bassistinnen im Bereich der Klassik. Davon zeugen auch ihre CD-Aufnahmen wie die vorliegende Doppel-CD, auf der rund zwei Stunden lang nicht nur bekannte Kontrabassrenner des 19. Jahrhunderts wie Bottesinis Elegie oder sein Duo Con­certante oder Max Bruchs Kol Nidrei versammelt sind.Selten Gehörtes und für sie Komponiertes sind auf CD Nr. 2 zu hören. Berthold Hummels Sinfonia Piccola für 8 Kontrabässe oder ein für Christine Hoock geschriebenes Konzert von Paul Chihara. Ein Kon­zert, das stilistisch für eine klassische Solobassistin komponiert wurde, keinesfalls für eine absolute Spezialistin zeitgenössischer Musik und Ästhetik. Überzeugend gespielt ist es durchaus.Weniger überzeugend sind leider ih­re eigenen (Tango-)Bearbeitungen, die sie mit Barbara Nussbaum am Klavier und DJ Umberto Echo am Mischpult eingespielt hat. Lyrisch-melancholisch, aber die Musik kommt nicht vom Fleck, die Elektronik wird zwar sparsam, aber eher kitschig eingesetzt. Und wenn man – wie vermutlich inzwischen fast al­le Instrumente irgendwann für einen Klassenabend – Jimi Hendrix’ Musik aufgreift, dann muss man sich wirklich etwas überlegen, um nicht wie eine brave Klassenabend­mu­si­ke­rin zu wirken. Hier merkt man leider: Es spielt eine durch und durch klassisch ausgebildete Musikerin. Ein wirklicher Groove und Drive fehlen, ebenso wie ein radikales Spiel mit Klangfarben. Wenn man schon Hendrix spielt, dann darf, muss es auch einmal krachen dürfen, auch Bogengeräusche, Kratzen, Schlaggeräusche kann man als Bassistin farblich gestalten, mit mitklingenden Obertönen spielen etc!
Kommen wir also lieber zurück zu der Musik, die genuin die ihre ist: zur klassisch-romantischen Kontrabassliteratur. Hoocks satter Basston, sonor und flexibel, ist gleichmäßig und dynamisch ausbalanciert. Keine Extreme, keine Über­treibungen.
Lyrische Elegien paaren sich mit virtuos raschen Linien. Und ihre Interpretationen der romantischen Werke klingen nicht ganz unbekannt – wobei man natürlich das Rad nicht immer neu erfinden kann. Der Bogen bleibt auf der Saite, hier und da würde man sich doch ein wenig mehr Wagnis wünschen, Mut zur Wildheit, zum Leggiero. Dennoch: Hier ist Christine Hoock zuhause und einem Konzertabend mit Bottesini, Bruch & Co würde ich durchaus lauschen.
Nina Polaschegg

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