Saint-Saëns, Camille

Morceau de Concert für Horn und Klavier f-Moll op. 94

Partitur und Stimme

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Henle, München 2016
erschienen in: das Orchester 04/2017 , Seite 61

Morceau de Concert op. 94 von Camille Saint-Saëns wurde ursprünglich für Horn und Klavier im Jahr 1887 komponiert. Mit dem Titel Fantasie wurde es dem französischen Hornisten Henri Chaussier (1854-1914) gewidmet und erst 1893 mit dem neuen Titel bei Durand verlegt. Eine Version für Horn und Orchester, die erst 1905 veröffentlicht wurde, ist von Saint-Saëns nachträglich selbst verfasst worden.
Für die hier vorliegende Urtext-Ausgabe für Horn und Klavier vom Henle-Verlag benutzte der Herausgeber Dominik Rahmer verschiedene Quellen, das Autograf für Horn und Klavier, das Autograf für Horn und Orchester sowie die jeweiligen Erstausgaben.
In Frankreich hielt man zu jener Zeit noch am Klang des Naturhorns fest. Die beiden Romanzen op. 36 und op. 67 von Saint-Saëns sind deshalb für Naturhorn komponiert. Die Töne außerhalb der Naturtonreihe konnten mit Hilfe der rechten Hand im Schallstück gespielt werden. Angeregt von Chaussier komponierte Saint-Saëns Morceau de Concert dagegen für das Ventilhorn. Damit konnte er die vielfältigeren Möglichkeiten des modernen Instruments ausschöpfen. Die virtuosen Triolen- und Sechzehntel-Stellen der Variationen sowie die für Naturhorn schwierige Tonart e-Moll konnte damit gemeistert werden. Es wurde zu einem Paradestück für Chaussier, der es mehrfach aufgeführt hat. Da die Version für Horn und Klavier zuerst geschrieben wurde, ist es kein „Klavierauszug“ eines konzertanten Werks, sondern ein eigenständiges Opus.
Die Hornstimmen in beiden Fassungen sind mit nur wenigen Abweichungen fast identisch. Zwei Töne in Takt 34 und Takt 58 sowie einige Dynamik-, Phrasierungs- und Artikulationsunterschiede sind vom Herausgeber im Notentext deutlich gekennzeichnet. Probeziffern und Sprungmöglichkeiten sind ebenso im Druck vorhanden. Die Ossia-Stellen als vereinfachte Alternativstellen der Hornstimme wurden bereits vom Komponisten im Autograf vorgeschlagen und sind im Urtext übernommen. Ursprünglich wurde die Hornstimme in der nicht-transponierenden Schreibweise tiefes C notiert. Die erste Ausgabe der Hornstimme war dann in F und ist in dieser Urtext-Fassung auch so geblieben.
Die Vorliebe Saint-Saëns’ für französische Musik des 17. und 18. Jahrhunderts ist mit dem barock-punktierten Anfangsthema sowie mit der durchsichtigen Kompositionsweise belegt.
Die vorliegende Ausgabe ist von hervorragender Qualität. Sie ist gut leserlich und im großen Format sauber gedruckt. Der Klavierpart beinhaltet ein Vorwort in deutscher, englischer und französischer Sprache. Etliche erläuternde Bemerkungen im Anhang ergänzen die Ausgabe.
Mit der Absicht, das Ventilhorn zur Geltung zu bringen, hat Saint-Saëns mit diesem Bravourstück die Überlegenheit dieses Instruments gegenüber dem Naturhorn bewiesen. Mit der Urtext-Ausgabe haben Hornisten und Pianisten die Möglichkeit, dieses einzigartige Beispiel der französischen Romantik detailliert einzustudieren.
Thomas Swartman