Monodialogue

Rubrik: Noten
erschienen in:

Die Traditionslinie der Komponisten, die den eigenen Namen oder den eines Widmungsträgers zur Grundlage eines Werks machten, ist ebenso lang wie respekteinflößend: Sie reicht von Josquin über Bach, Schumann und Liszt bis hin zu Schostakowitsch und den Mitgliedern der Zweiten Wiener Schule. Der israelische Komponist Menachem Wiesenberg hat sich von dieser illustren Reihe von Vorgängern nicht abschrecken lassen: Sein Monodialogue für Viola solo aus dem Jahr 1999 ist mit Tabea Zimmermann einer der renommiertesten Vertreterinnen ihres Fachs gewidmet und bezieht sein thematisches Grundmaterial fast ausschließlich aus deren Vornamen: „Ta steht für B nach dem Kodály-System, Be entspricht B auf Deutsch und A bleibt natürlich auch A.“ Außerdem entspricht „die rhythmische Grundzelle des Werkes der rhythmischen Betonung des Vornamens Tabea – unbetont, betont und unbetont“. Schließlich ist der „expressive Gestus“ der Komposition „größtenteils vom einzigartigen Charakter Tabea Zimmermanns inspiriert“.
Was sich zunächst wie ein durchaus origineller Ansatz zu einer sehr persönlichen Hommage anhört, bleibt in der Ausführung freilich weit hinter den eigenen Ansprüchen zurück. Schon die Entwicklung des Tonmaterials aus einem so simplen Ausgangsmotiv wie B-B-A ist verständlicherweise problematisch: Um den kargen Tonvorrat wenigstens ein bisschen zu erweitern, gestattet sich Wiesenberg immerhin, das erste B wahlweise nach H umzuschreiben, was durch das Herunterstimmen der C-Saite um einen halben Ton zusätzliches Gewicht erhält. (Warum das nahe liegendere E nicht verwendet wird, bleibt allerdings unklar.) Dennoch ist ein direkter Bezug zum „Tabea-Motiv“ am Ende nur an wenigen Stellen der Komposition wirklich erkennbar. Umgekehrt gerät das Stück dort, wo es unverkennbar „Tabea, Tabea, Tabea“ deklamiert (etwa im Presto-Abschnitt kurz vor Schluss), unfreiwillig in die Nähe des Banalen. Die Struktur wirkt insgesamt ziemlich lose und lässt einen übergeordneten Zusammenhang, der über die bloße Reihung kontrastierender Abschnitte hinausginge, zumeist vermissen.
Seiner Adressatin entsprechend, geizt Wiesenberg dabei allerdings nicht gerade mit technischen Schwierigkeiten. Schon die Skordatur erfodert einige Übung, da die heruntergestimmte C-Saite klingend notiert ist und deshalb immer einen halben Ton höher gegriffen werden muss als gewöhnlich. Dazu kommen vierstimmige Akkorde „à la chitarra“, pizzicato begleitete Arco-Melodien und ein Abschnitt mit höchst kniffligen Doppelgriff-Flageoletts. Die Tendenz, in ausgedehnten zweistimmigen Passagen mit sich selbst in Dialog zu treten, lässt den Sinn des Titels erahnen und findet ihren Höhepunkt gegen Ende, wo der Interpret in einer Art Abgesang als Gegenstimme zusätzlich Vokalisen zu singen hat. Wer überprüfen möchte, ob das Ergebnis den Aufwand rechtfertigt, dem sei die Website des Komponisten empfohlen: Unter www.mwm.co.il findet sich eine komplette Aufnahme des Stücks – natürlich mit Tabea Zimmermann.
Joachim Schwarz