Christian Jost

Mondnacht für Violine, Violoncello und Klavier

Nach dem gleichnamigen Lied von Robert Schumann, Partitur und Stimmen

Rubrik: Rezension
Verlag/Label: Schott
erschienen in: das Orchester 03/2022 , Seite 69

Lieder der Romantik für Singstimme und Klavier waren schon immer eine beliebte Vorlage für Bearbeitungen oder Paraphrasen. Man denke beispielsweise an die virtuosen Transkriptionen eines Franz Liszt, der es meisterhaft verstand, Stimme und Begleitung auf ein einziges Instrument, nämlich „sein“ Klavier zu verdichten, und der dabei vergessen machen konnte, dass die Dichterworte ja ein ganz wesentlicher Teil der jeweiligen Liedvorlage sind.
Christian Jost geht es in seinem Triosatz mit dem Titel Mondnacht nicht um Verdichtung oder Reduktion, und auch das virtuose Element ist nur insofern gefragt, als es der Intensivierung des Ausdrucks dienlich ist. Jost geht es bei seiner Paraphrase des gleichnamigen Lieds von Robert Schumann aus dessen 1840 enstandenem und zwei Jahre später veröffentlichtem Liederkreis op. 39 um die Aufweitung der musikalischen Struktur, das vielfältige Brechen der ursprünglichen Liedsubstanz und die Steigerung des außermusikalischen Textinhalts mit instrumentalen Mitteln. Hatte der Komponist bei seiner früher entstandenen Bearbeitung des Schumann’schen Dichterliebe-Zyklus noch ganz auf die Stimme als das Zentrum des Ensembles gesetzt, werden Struktur und Stimmung in Mondnacht von den beiden Streichern und dem Klavier allein getragen.
Wie eine kleine Tondichtung kommt das 2019 entstandene Werk daher. In der Besetzung ganz klassisch und durchaus der Entstehungszeit des Lieds verbunden, nutzt es doch einige Stilmittel zeitgenössischer Musik, ohne aber avantgardistische Ambitionen zu entwickeln. Die Bausteine des Schumann-Lieds sind trotz starker Fragmentierung vielfältig durchhörbar und es entsteht ein dichtes, aber dennoch transparentes musikalisches Gewebe.
Die den vollen Tonraum ausschöpfenden Streicher werden effektsicher mit einem Klavier kombiniert, das mal harfenartig, mal mit einem Glas präpariert eingesetzt wird. Auf dem Programm des Gedichts von Joseph von Eichendorff entwirft Christian Jost ein musikalisches Stimmungsbild in reduzierter Dynamik, aber vielfältigen Abschattierungen. Die mit zehn Minuten gut doppelt so lange Spieldauer im Vergleich zum Schumann’schen Original erlaubt dabei eine detailreiche, feingliedrige Darstellung einer geheimnisvollen, sternenklaren Mondnacht.