Modest Musorgskij/Sergej Prokofiev

Eine Nacht auf dem kahlen Berge/Lieder und Tänze des Todes/Aleksandr Nevskij

Vladislav Sulimsky (Bass-Bariton), Agunda Kulaeva (Mezzosopran), Tschechischer Philharmonischer Chor Brno, Gürzenich-Orchester Köln, Ltg. Dmitrij Kitajenko

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Oehms Classics
erschienen in: das Orchester 01/2018 , Seite 71

Die vorliegende Programmzusammenstellung vermag in mehr­facher Hinsicht zu überzeugen: durch die Auswahl der Werke und ihrer einander trefflich sich ergänzenden Komponisten, in der Intensität der Interpretation und auch in ihrer aufnahmetechnischen Realisation. Das Hauptverdienst kommt dem vorzüglichen Kölner Gürzenich-Orchester und seinem Ehrendirigenten Dmitri Kitajenko zu. Er befeuert die Musiker zu bemerkenswert ausgeglichenem, kontrolliertem und perfekt durchhörbarem, aber vitalem und klangschönem Musizieren auf höchstem Orchesterniveau.Diese Qualitäten kommen besonders in Mussorgskijs Symphonischer Dichtung Eine Nacht auf dem kahlen Berge zur Geltung, und zwar nicht trotz, sondern gerade wegen der Entscheidung für die Originalversion von 1867. Kitajenko gelingt es, die originelle, bisweilen raue Instrumentation des Komponisten zu beträchtlichem orchestralen Glanz zu erwecken, ohne sie auch nur im Mindesten zu glätten oder zu schönen. So entsteht ein überzeugendes Plädoyer für diese üblicherweise gegenüber der Bearbeitung von Rimskij-Korsakow vernachlässigte und ganz anders strukturierte Fassung mit ihren fast demonstrativ eingesetzten Ganztonleitern, vor allem am Schluss.Die vier Lieder und Tänze des Todes erklingen hier in der Instrumentation von Edisson Denissow von 1983, die fast schon eine Bearbeitung ist. Und auch hier erweist sich Kitajenko wieder als der souveräne und äußerst stilsichere Anwalt der Musik seines Landsmanns Mussorgskij, indem er den spezifisch abgetönten Klangfarben dieser abgründigen Welt des Todes nuanciert nachspürt. Solist ist Vladislav Sulimsky, der den russischen Originaltext angemessen dramatisch deklamiert. Allerdings könnte man sich in der einen oder anderen Passage eine größere stimmliche Flexibilität und Farbnuancierung vorstellen. Zu Beginn des letzten Liedes verschwindet seine Stimme sogar überraschend hinter dem Orchestertutti. Leider fehlen im Booklet der CD hier wie auch in der Kantate die russischen Texte und auch ihre Übersetzung.Umfangreichstes Werk dieser Einspielung ist Prokofjews monumentale Kantate Aleksandr Nevskij, die aus der Zusammenarbeit mit dem Regisseur Sergei Eisenstein bei der Arbeit am gleichnamigen Film (1938) hervorgegangen ist. In sieben kontrastreichen und unterschiedlich langen Einzelsätzen werden markante Episoden aus dem erfolgreichen Krieg des Protagonisten gegen deutsche Kreuzritter im Jahr 1242 geschildert, wofür Prokofjew eine vielschichtige und expressive Tonsprache fand. Partner des brillanten Gürzenich-Orchesters ist der gleichwertige Tschechische Chor aus Brno. Und nur in einem einzigen, dem vorletzten Satz kommt es zum Einsatz des solistischen Mezzosoprans von Agunda Kulaeva, dessen dunkles Timbre perfekt zu dieser düsteren kurzen Szene passt.
Arnold Werner-Jensen