Werke von Zimmermann, Dallapiccola, Dutilleux und anderen
Modern Times Edition
Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz, Ltg. Karl-Heinz Steffens
Wenn man – was eigentlich sinnvoll ist – zwischen Moderner Musik, Neuer Musik und Jetzt-Musik unterscheidet, dann passt der Titel “Modern Times Edition” auf die Zusammenstellung von Werken aus der Zeit von Beginn des vergangenen Jahrhunderts bis in die 1970er Jahre. Jeweils eine der zehn CDs ist Bernd Alois Zimmermann, Luigi Dallapiccola, Henri Dutilleux, Alberto Ginastera, Karol Szymanowski, George Antheil, Ralph Vaughan Williams, Dmitrij Kabalevskij, Ernst Krenek und Paul Hindemith gewidmet – also keinem Komponisten aus der Post-Darmstadt-Ära.
Mit Ausnahme der Hindemith- Disc sind alle anderen CDs beim Label Capriccio bereits veröffentlicht worden, das nun diese Box inklusive einer Bonus-DVD für rund 30 Euro herausgebracht hat: ein Schnäppchen. Und das nicht nur pekuniär, sondern auch im Hinblick auf das Repertoire, denn nicht die häufig gespielten Klassiker der Moderne wie Béla Bartók, Igor Strawinksy oder Arnold Schönberg stehen im Zentrum, sondern die Großen aus der zweiten Reihe.
Von 15 der 42 Werke waren im Mai 2020 laut Titelsuche bei Amazon derzeit keine weiteren Einspielungen auf CD im Handel erhältlich – unter anderem Bernd Alois Zimmermanns von Strawinsky beeinflusste Ballettmusik “Alagoana”, Luigi Dallapiccolas “Partita per Orchestra”, Ernst Kreneks “Sieben Orchesterstücke” oder seine “Tricks and triffles” und fünf Werke des einst in der Sowjetunion gefeierten Dmitrij Kabalevskij: allesamt entdeckenswertes Repertoire. Andererseits lohnt sich der Vergleich mit konkurrierenden Einspielungen. So benötigt Heinz Steffens für George Antheils Jazz” Symphony” zwölfeinhalb Minuten, während Ingo Metzmacher mit dem Philharmonischen Staatsorchester Hamburg nach weniger als acht Minuten eine Version mit wesentlich mehr Dynamik und Drive vorgelegt hat. Ähnlich fällt auch der Vergleich bei Zimmermanns Sinfonie in einem Satz aus: Hier dirigiert Metzmacher die Bamberger Symphoniker mit enormer Kraft, während Steffens Version eher betulich ausfällt. Diese Zurückhaltung zieht sich durch: Steffens bevorzugt einen eher langsamen und getragenen Sound, der sich auch in der Aufnahmetechnik spiegelt, denn die einzelnen Instrumentengruppen, insbesondere die Streicher, wurden oft stumpf und ohne klare Konturen sowie mit geringer Dynamik aufgezeichnet.
Dennoch ist es ein enormes Verdienst, dass Karl-Heinz Steffens und die Deutsche Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz über Jahre hinweg das rare Repertoire in den Konzertsaal und auf Tonträger gebracht haben. Entstanden sind die Aufnahmen in den Jahren 2014 bis 2019 im Rahmen einer Konzertreihe, deren Partner der SWR und Deutschlandradio Kultur waren.
Ganz nebenbei, aber wichtig: Die öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten haben mit ihren Musikproduktionen eine enorm wichtige Rolle im Kulturleben übernommen. Ohne diese gebührenfinanzierten Einrichtungen wäre die Kulturszene ärmer.
Werner Stiefele