Heinz Holliger

Mobile

für Oboe und Harfe (1962, rev. 1967/2016), Spielpartitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Schott
erschienen in: das Orchester 12/2017 , Seite 62

Heinz Holliger, geboren 1939, weltweit anerkannter Oboist, Komponist und Dirigent, stellt eine neue Notenausgabe seines Stücks Mobile für Oboe und Harfe (1962) – bei Edition Schott 2016 erschienen – vor. Das Werk wurde von ihm bereits 1967 revidiert. Es besteht aus drei gleichlautenden Versionen mit jeweils 12 Sequenzen, die nummeriert sind. Holliger schlägt eine veränderte Reihenfolge dieser Abschnitte I/II/III und der Sequenzen vor, wobei die Sequenzen 1 und 12 immer an gleicher Stelle bleiben. Die Variabilität insgesamt ergibt kompositorisch eine sehr interessante und für mich geniale Abfolge der drei Versionen. Sie stehen trotz der Umwandlungen immer im musikalischen Zusammenhang miteinander.
Holliger schreibt in seinem Vorwort: „Die Anzahl und Abfolge der Versionen ist frei wählbar […] Die Sequenz-Anschlüsse erfolgen ohne Pause.“ Nun empfiehlt er den Spielern zu entscheiden, ob zwischen zwei Versionen sein Solostück für Harfe Sequenzen über Johannes 1, 32 gespielt wird (Dauer ca. 3 Minuten). Für mich bedeutet diese Einfügung eine große musikalische Bereicherung. Das stilistisch getragene Stück – bezugnehmend auf den Vers 32, der über den Noten steht und die Taufe Jesu beinhaltet: „Ich sah, dass der Geist herabfuhr wie eine Taube vom Himmel, und blieb auf ihm“ – ergänzt sich sehr gut mit den oft heiteren und spritzigen Sequenzen im Duo Mobile.
In Paris fand am 13. Februar 1963 die Uraufführung dieses Werkes statt. Die erste Fassung von Mobile gab der Verlag Schott 1964 heraus. Alle drei Versionen sind dort auf einem einzigen großen Blatt gedruckt. In der neuen Ausgabe von 2016 sind nun diese Abschnitte fortlaufend im DIN-A4-Format notiert. Da ich in der Lage bin, beide Exemplare vergleichen zu können, stelle ich fest, dass in der neuen Fassung viel notgedrungenes Umblättern erforderlich ist. Darüber hinaus entstehen durch die hinzukommende individuelle Entscheidung über die Reihenfolge der Versionen und Sequenzen Probleme für den musikalischen Zusammenhang. Positiv zu bewerten ist der sehr gute Druck dieser neuen Ausgabe, vor allem die nicht zu kleinen Noten, anders als in der ersten Fassung. Dreisprachig im Vorwort finden sich, von Holliger verfasst, sowohl Erklärungen zum Stück als auch Anweisungen zu Spieltechniken der Instrumente.
Mobile sollte zum Repertoire eines jeden Oboisten und Harfenisten gehören, nicht nur aus spieltechnisch anspruchsvollen Gründen, sondern vor allem wegen der musikalischen Qualität.
Heinz Holliger verdanken wir zahlreiche Werke für die Harfe. Das beruht bekanntermaßen auf seiner Ehe mit der Harfenistin Ursula Holliger, 2014 verstorben, sowie unter anderem auf der intensiven Beziehung Isang Yun (1917-1995). Ihren und somit seinen Kenntnissen über die Schreibweise der Harfe, über notwendige Pedaleinzeichnungen und Pedalgrafiken an den jeweiligen Stückanfängen verdanken wir kompetente Notenausgaben seiner Werke.
Marion Hofmann