Ute Grundmann

Mitten im Bühnenleben

Sascha Krebs ist künstlerischer Betriebsdirektor der Oper Magdeburg

Rubrik: Über die Schulter
erschienen in: das Orchester 02/2023 , Seite 18

Theorie ist gut, aber die Praxis ist viel spannender. So ließe sich, ganz kurz, ­Sascha Krebs’ Berufsweg umreißen. Er ist künstlerischer Betriebsdirektor der Oper Magdeburg, das ist „erst mal mehr Handwerk als Kunst“, wie er selbst sagt. Im Kern geht es um die Frage, was funktioniert wann und warum, auf die Bühne übersetzt. Die Liste seiner Aufgaben ist lang, reicht vom großen Ganzen bis ins Detail.
Welche Premieren sollen die Besucher der Oper Magdeburg in zwei oder drei Jahren erleben? So lange dauert die Vorausplanung; dann gilt es, die passenden Regieteams zu finden und zu engagieren. „Ich bin auch nah an der Besetzungspolitik“, an den Überlegungen, wer neu ins Ensemble kommen soll und kann; letztlich entscheidet natürlich Intendant Julien Chavaz, der mit Beginn dieser Spielzeit Karen Stone abgelöst hat. Dass Chavaz für Gespräche und Beratungen auch mal aus dem Haus, etwa in eine Kneipe, geht, gefällt sicher nicht nur Sascha Krebs gut. Dass neuengagierte Künstler sich wohlfühlen, aber auch die schon länger in Magdeburg Agierenden Wertschätzung erfahren, ist mehr als nüchterne „Künstlerpflege“ – dafür braucht es „immer ein offenes Ohr“.
Damit ist er dann doch mitten im Bühnenleben – und da wollte er auch hin. Zwar hat Sascha Krebs in Berlin Theater- und Literaturwissenschaft studiert, „aber das Akademische hat mich nie interessiert“. Also suchte er sich Hospitanzen an der Komischen Oper und der Staatsoper, war auch als Regieassistent tätig („das war der Einstieg“). Schon da fand er es spannend, „zu wissen, wie so ein Laden läuft“ und mit allen Gewerken und Abteilungen zusammenzuarbeiten.
Natürlich ist da erst mal das Tagesgeschäft: Zusammen mit dem Künstlerischen Betriebsbüro Proben und Aufführungen disponieren, Jahres-, Monats- und Tagespläne machen. Aber als künstlerischer Betriebsdirektor sollte er auch wissen, „wie lange es braucht, ein bestimmtes Licht einzurichten. Da kann man nicht einfach sagen, egal, ob ihr das schafft.“ Denn das behindert die Arbeit aller. „Man braucht diesen Draht zu den Kollegen, um Knackpunkte früh zu erkennen.“
Am Viersparten-Theater Magdeburg gibt es neben Konzerten, Schauspiel, Oper, Operette und Tanz auch Musicals, „und da habe ich bei den Besetzungen komplett freie Hand“, freut sich Sascha Krebs. Auch darüber, dass die Inszenierung von Fast normal gut angekommen ist, denn das ist „schon ein anderes Musical als gewohnt“. Denn dieses „US-amerikanische Kammerspiel“ hat eine bipolare Störung als Thema – „ein Superstück, auch wenn man das nicht jedes Jahr machen kann“.
Im Übrigen erinnert er sich gerne an eine bildgewaltige Elektra und an die sehr, sehr späte Uraufführung Grete Minde, bei der die Erben des Komponisten Eugen Engel anwesend waren, „ein spezieller, emotionaler Moment“.
Im Theateralltag aber fällt es Krebs schwer, einfach nur mal Zuschauer zu sein. „Mein Blick ist extrem technisch geworden“, er gilt dem reibungslosen Umbau oder dem, was andere anders, vielleicht besser machen. „Es muss sehr viel zusammenkommen, damit ich eine Gänsehaut bekomme“, verrät Sascha Krebs, „schade eigentlich.“