Schneider, Enjott

Metamorphosen

Orchestermusik zu Wolfgang Amadeus Mozart, Richard Wagner, Felix Mendelssohn Bartholdy, Robert Schumann.

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Wergo WER 5110 2
erschienen in: das Orchester 12/2014 , Seite 78

Die vorliegende CD ist eine Sammlung von vier Kompositionen Enjott Schneiders (geb. 1950), der von den Komponisten Mozart, Wagner, Mendelssohn und Schumann inspiriert wurde. Die Werke sind Metamorphosen, bei denen markante Merkmale und musikalische Themen der vier Komponisten verwandelt und durch die unverkennbare Handschrift von Enjott Schneider zu neuen Werken weiterentwickelt wurden. Die Musik nimmt neue Gestalt an, ohne als Abklatsch oder Kopie zu wirken.
Die vier Werke dieser umfangreichen CD wurden unter der Leitung von Xincao Li mit dem niederösterreichischen Tonkünstler-Orchester im Schloss Grafenegg sorgfältig eingespielt. Der Berliner Tonmeister Florian B. Schmidt ist für die gelungene CD-Produktion maßgeblich mitverantwortlich.
Die erste Komposition dieser Sammlung heißt At the Edge of Time – Reflections about Mozart’s Requiem. Über das Mozart-Requiem KV 626 wird hier musikalisch nachgedacht. Die vom Orchestermitglied Johannes Strassl gespielten Englischhorn-Soli sind hervorzuheben. Durch sein empfindsames und klagendes Spiel verleiht er den Requiem-Fragmenten einen melodischen Zusammenhalt. Die pochenden Orchesterklänge am Ende vermitteln Nähe zum Tod.
Das zweite Werk Ein ewig Rätsel will ich bleiben – Ein Ludwig II. Epitaph ist ein Konzert in drei Sätzen für Englischhorn, Streicher und Fagott. Es ist dem Märchenkönig und Mäzen Ludwig II. gewidmet. Der Berliner Oboist Christoph Hartmann spielt die sehnsüchtigen romantischen Wagner/Schneider-Motive gefühlvoll als Solist auf dem Englischhorn. Ebenso lobenswert ist auch die Gestaltung der Fagott-Stimme durch Gottfried Pokorny im Orchester. Der erste Satz ist dem Zitat einer lobenden Aussage Richard Wagners 1864 über seinen königlichen Gönner nachempfunden: „So schön und geistvoll, seelenvoll und herrlich.“ Hier wird Schönheit und Adel musikalisch dargestellt. Im zweiten Satz „Gralsburg Neuschwanstein“ wird mit Parsifal-Motiven das Märchenschloss bildhaft beschrieben. Der dritte Satz „Ende eines Traums: 13. Juni 1886“ schließt nach emotionaler Erregtheit mit einem Trauergesang, der diese Grabinschrift von Ludwig II. nachempfindet.
Ein feste Burg ist unser Gott – Sinfonisches Gedicht für Orchester ist die dritte Komposition dieser CD. Sie wurde als Begleitwerk zu Mendelssohns Reformations-Sinfonie konzipiert. Die von Martin Luther verfasste Melodie wird weiter verarbeitet, wendet sich vom religiösen Kampf zunehmend ab und wird versöhnlich und religionsübergreifend.
Beim letzten Werk, Florestan und Eusebius – Robert-Schumann-Gedanken für Orchester, wird die gespaltene Persönlichkeit Robert Schumanns mit dessen Musikzitaten musikalisch erarbeitet. Die kraftvoll energischen Themen für den Florestan wechseln sich mit weichen poetischen Themen für den jungen Eusebius ab und zeigen das zerrissene Dasein Schumanns. Mit geschlossenen Augen folgt man dieser bilderhaften Musik genussvoll auch ohne Film.
Thomas Swartman