Kostakeva, Maria
Metamorphose und Eruption
Annäherung an die Klangwelten Adriana Hölszkys
Ausgangs- und Brennpunkt des Buchs ist die besondere Klangexpressivität der Musik Adriana Hölszkys, die hier als Spiegelung von Naturprozessen interpretiert wird, beschreibt Autorin Maria Kostakeva im Vorwort ihre Arbeit zur Komponistin Adriana Hölszky. Diese Expressivität versucht Kostakeva durch Analysen der Werke, Skizzen des Bühnengeschehens, Abbildungen einiger Noten und Gespräche mit Hölszky deutlich zu machen. Schnell gerät der Leser in den Sog einer faszinierenden Musikerin, von Kostakeva wortreich und gut lesbar geschildert. Dabei gehen die Analysen der Werke niemals so tief, dass ein musikwissenschaftliches Studium zum Verständnis notwendig ist. Es entsteht ein lebendiges Bild der Klang- und Wirkungsmöglichkeiten dieser Musik und man mag Hölszkys Werke danach sofort noch einmal, noch anders hören und rezipieren.
Dieses Buch ist eine gelungene Mischung aus wissenschaftlicher, sauber jedes Zitat belegender Arbeit und sehr persönlicher Annäherung der Autorin an die Komponisten. Manch antiker Philosoph und die Apokalypse werden bemüht, um die Gedankenwelt der Komponistin zu durchleuchten Kostakeva wird dabei jedoch niemals langatmig. Am Rande erfährt man so auch, dass Hölszkys häufige Verbindung von Stimme und Zusatzinstrument durch die osteuropäische Folklore ihrer Jugend beeinflusst wurde, die diese Verbindung sehr gern verwende.
Sieben analysierende Kapitel zur Musik und fünf reflektierende Intermezzi, Gespräche der Autorin mit Hölszky, ein knapper Epilog, ein Werkverzeichnis (Auswahl), eine Literaturliste, die üblichen Abbildungsnachweise und Register sind hier zu finden, relativiert durch die warmen Töne einer seelischen Freundschaft, die während der Arbeit an dem Buch zwischen ihnen entstanden sei, so Kostakeva.
Kostakeva versucht am Ende eine umfassende Einordnung der Werke Hölszkys, muss hier aber ein bisschen auf elegante Floskeln ausweichen: Das Paradox und das Phantasmorgische ist der Motor des Schaffens von Adriana Hölszky. Dazu gehört das Spiel des Scheins und Seins, des Unbewussten und Bewussten und die Vervielfältigung der Spielräume, in denen sich die Dinge von selbst distanzieren. Kostakeva mag farbige Beschreibungen und findet im Epilog plastische Worte für ihre Erfahrungen mit Adriana Hölszky: Hölszkys vulkanische Erfindungskraft erreicht die Grenzen des Wahrnehmbaren. Das Unmögliche und der permanente
Ausnahmezustand sind treibende Kraft einer neuartigen Klangexpressivität, die vom Unfassbaren und Rätselhaften geprägt ist. Worte, die durch die folgenden sogenannten Gespräche zwischen Autorin und Komponistin, die tatsächlich gut vorbereitete Interviews sind, solide Erdverbundenheit erhalten.
Ein informatives, ehrgeiziges und gut lesbares Buch, das dem bislang reservierten Musikfreund den Zugang zur Musik Hölszkys erleichtern mag und dem Hölszky-Fan gut recherchierte Fakten liefert.
Heike Eickhoff