Schubert, Franz

Messe in Es-Dur

für Soli, Chor und Orchester D 950, Partitur

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Breitkopf & Härtel, Wiesbaden 2005
erschienen in: das Orchester 11/2005 , Seite 86

Nun hat auch der renommierte, im Qualitätszeichen des „neuen Engels“ stehende Verlag Breitkopf & Härtel mit dem Herausgeber Peter Jost Franz Schuberts letzte lateinische Messe in Es-Dur herausgegeben, nachdem bereits 1996 der Stuttgarter Carus-Verlag ebenfalls eine Ausgabe nach der in der Staatsbibliothek zu Berlin befindlichen, autografen Partitur veröffentlicht hatte.
Peter Jost diskutiert im Vorwort den in der Schubert-Forschung offenen Entstehungsanlass der Messe, ob sie nun ein Auftragswerk für die Dreifaltigkeitskirche der Pfarre Alsergrund im heutigen Wiener IX. Bezirk gewesen sei oder ob sie als ein geistliches „Bekenntniswerk“ gilt, mit welchem Schubert zum „Höchsten in der Kunst“ strebte. Wenn auch der Herausgeber einige der wichtigen Schriften über das Messeschaffen Schuberts wie die von Hans Jaskulsky nicht berücksichtigte und sich zur letzteren Möglichkeit bekennt, so sind seine Argumente weniger stichhaltig als die plausiblere, mehr der Praxis der damaligen Zeit folgende Anschauung, dass die Komposition insbesondere einer Messe im Allgemeinen und auch im Besonderen bei Schubert stets einem äußeren Anlass folgte, auch wenn die As-Dur-Messe D 678 aus anderen, uns wenig einsichtigen Motiven entstand. Immerhin bewarb er sich, wenn auch vergeblich, mit ihr um eine Stelle als Vizehofkapellmeister.
Für eine Bestellung der Es-Dur-Messe sprechen auch die zeitgleich entstandenen kleineren Kirchenwerke wie das Tantum ergo D 962 in derselben Tonart Es-Dur und das Offertorium Intende voci in B-Dur D 963, die sowohl in gleicher Besetzung als auch im selben Instrumentalstil komponiert sind. Jost sieht dennoch auch darin keinen Beweis. Leider sind die Kirchenbücher besagter Pfarre zwischen 1827 bis 1831 verschollen, die vielleicht mehr Aufschluss darüber hätten geben können.
Im Notentext selbst sind die Herausgeberzutaten wie Akzente in eckigen Klammern versehen, fehlende Bindebögen gestrichelt, jedoch nicht die dynamischen Zeichen als solche kenntlich gemacht, außer wenn Schubert diese ganz wegließ. Allerdings ist diese Praxis in der Ausgabe nicht immer konsequent durchgehalten, so beispielsweise im Chor des Gloria, T. 58. Außerdem
notierte Schubert manchmal die Decrescendo-Gabeln über die Takte hinaus und schrieb zusätzlich ein decresc. hinzu, aber nur, wenn – wie bei den Bläsern – dazu genügend Platz war. Dieser Praxis folgte der Herausgeber aber nicht. Die Gabeln gehen wie in den Takten 148/149 nicht über den Takt hinaus, der decresc.-Hinweis ist zusätzlich bei den Streichern eingetragen und so wirkt das Schriftbild bei den Streichern überladen.
Allerdings würde es den Rahmen der Rezension sprengen, alle ungenauen Kleinigkeiten und noch zu ergänzenden Einzelanmerkungen im Kritischen Bericht zu diskutieren. Die Ausgabe ist natürlich in erster Linie für den Praktiker, nicht für den Wissenschaftler veröffentlicht. Wichtig für den Ersteren wäre jedoch schon zu erfahren, dass die Chorbesetzung nicht nur aus einem vierstimmigen Chor besteht, sondern einen benötigt, der in der Stimmenzahl wechselt, der bis zur Siebenstimmigkeit im Gloria und zur Sechsstimmigkeit im Credo reicht. Ferner wird in den Soli ein zweiter Tenor benötigt, was aus der Besetzungsübersicht ebenfalls so nicht klar wird. Dies ist jedoch nicht unbedingt dem Herausgeber anzulasten, sondern ist sicherlich eine Vereinfachung von Seiten des Verlags.
Das Notenbild ist vom Layout her zwar klar und scharf, aber wegen der vielen Herausgeberzutaten manchmal etwas zu gedrängt, obwohl das Violoncello und der Kontrabass meistens auf einem System notiert sind – eine in der damaligen kirchenmusikalischen Praxis übliche Vorgehensweise, um Zeit und Papier zu sparen, da die beiden Streicher fast immer colla parte spielten.
Werner Bodendorff

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