hg. von Markus Eberhardt
Mensa Sonora
für Violine, 2 Violen und Basso continuo, Partiten I und II, Urtext, Paritur und Stimmen
Die um 1674 entstandenen Mysteriensonaten oder besser bekannt als Rosenkranzsonaten von Heinrich Ignaz Franz Biber (1644–1704) zählen zum Virtuosesten und Eindrucksvollsten, was die Literatur für Violine im 17. Jahrhundert zu bieten hat. Anspruchsvolle Doppelgriffe für Akkordspiel und die Verwendung verschiedener Stimmungen ermöglichten eine neue Facette der Virtuosität. Bibers in mehreren Ensemblemusik-Sammlungen gedruckte Kammermusik steht seiner virtuosen Geigenmusik und der groß angelegten Vokalmusik, wie etwa einer monumentalen Messe für 53 Stimmen, gegenüber. Darüber hinaus war der spätere Salzburger Hofkapellmeister und von Kaiser Leopold I. zu einem Herrn „Biber von Bibern“ geadelte Komponist ein Meister des Kontrapunktes.
Der mit der „Mensa sonora“ verbundene Komponistenname darf allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass der im Dienst des Salzburger Erzbischofs stehende Biber nicht zuletzt für den musikalischen Gebrauch seines Brotherrn zu komponieren hatte. Und sei es für ein barockes Bankett. Man darf davon ausgehen, dass die nun verlegte Musik bei einem barocken Mahl zwischen den Gängen erklungen sein dürfte, wie es in dieser Zeit üblich war. Gewidmet wurden die sechs Suiten dem Fürsterzbischof von Salzburg, Kardinal Maximilian Gandolph von Kuenberg (1622–1687), Bibers Dienstherrn. Nun liegen die ersten zwei Suiten mit Einzelstimmen für Violine, zwei Violen, Continuo und Partitur vor.
Pars I in D-Dur wirkt mit der Anordnung der Tanzsätze ganz, wie man es von einer Suite dieser Zeit erwartet: eröffnet mit einem langsamen Grave-Satz als Einleitung, gefolgt von Allamanda, Courante, Sarabande, Gavotte, Gigue und beschlossen mit einem sehr kurzen, verlangsamten Adagio entspricht sie einer im Tempowechsel delikaten und abwechslungsreichen unterhaltsamen Musik.
Pars II in F-Dur ist im Aufbau vom strengen Wechsel zwischen schnellen und langsamen Sätzen beherrscht: Der Intrada folgen drei flinke Balletti alla breve, jeweils kontrastiert von drei Sarabanden im 6/4-Takt. Ein klar strukturierter Aufbau, der spezifische Tänze gar nicht mehr angibt, sondern auf den Kontrast schnell – langsam, alla breve – Dreiertakt setzt.
Der Herausgeber der beiden Suiten, Markus Eberhardt, zitiert Biber zu den Suiten als einen, der das „edle Kleinod der Einstimmigkeit mit einer gehorsam demütigen Verehrung“ zum Ausdruck hat bringen wollen.
Auffällig sind die nicht schwierig zu realisierende Partitur, aber auch der gefällige Charakter der Intraden und Tanzsätze. Mit Tempowahl und Kenntnis barocker Manieren kann weit mehr daraus erblühen, als es auf den ersten Blick erscheint und eine lebendige, unterhaltsame Kammermusik für Kenner und Liebhaber entstehen.
Felicitas Zink