Helmut Schmidinger
Ménage à trois
9 Konstellationen für Streichtrio
Für viele stellt das Streichtrio, gebildet aus Violine, Bratsche und Violoncello, eine der heikelsten Besetzungen in der Kammermusik dar: absolut transparent im Klang, anspruchsvoll im Zusammenspiel und ohne die Möglichkeit für den einzelnen Musiker, sich in irgendeinem größeren instrumentalen Kollektiv zu „verstecken“. Klar, die Geige muss nicht wie im Streichquartett von Zeit zu Zeit die Rolle der Primadonna abgeben – aber ausruhen kann sie sich eben auch nicht. Die Viola dagegen ist im Streichtrio auch in den hohen Lagen gefordert, muss gleichzeitig aber den Brückenschlag zum Bass gewährleisten. Und das Cello ist mindestens Tenor und Bass in einer Stimme.
Unklare Verhältnisse und eine flexible Rollenverteilung also. Auch deshalb passt Helmut Schmidingers Titel Ménage à trois so gut! Mit dem Untertitel „9 Konstellationen“ führt der 1969 in Wels in Oberösterreich geborene Komponist allerdings zunächst ein wenig in die Irre. Denn in diesem Streichtrio gilt: Alle spielen immer. Es geht also nicht um die Reduktion zum Duo (damit könnte man ja schon drei Konstellationen bewerkstelligen) oder gar um solistische Abschnitte. Schmidinger geht es eher darum, wo jeweils in den verschiedenen Konstellationen die Führungsrolle liegt, wer imitiert; wer den Takt vorgibt und wer eher dagegen hält; oder wer klanglich dominiert und wer sich eher tonlich im Hintergrund hält.
Heraus kommen quasi im Minutentakt neun schön konzentrierte Miniaturen, die das Medium Streichtrio einigermaßen vollständig ausloten, sofern es um klassische Spieltechniken geht, die der Komponist nicht mit allzu vielen Spielanweisungen überfrachtet. Optisch ist in der Partitur eh meist sofort klar, wo die musikalische Reise hingehen soll.
Helmut Schmidinger nutzt eine große dynamische Bandbreite der drei Streicher, während er auf extreme Lagen fast ganz verzichtet. Mit Klängen, nicht mit Geräuschen, und mit einer fast pausenlosen Beschäftigung aller drei Streicher entwirft der Komponist ein Dreiecks-Bild, das laut eigener Aussage im Vorwort weniger Psychogramm als vielmehr ein Aufzeigen musikalischer Möglichkeiten sein soll.
Das geht einher mit durchaus hohen Ansprüchen an die technischen Fertigkeiten der Ensemblemitglieder. Violine, Viola und Violoncello haben in dem 2017 entstandenen Werk „gut zu tun“ und müssen vor allem rhythmisch perfekt abgestimmt sein. Spätestens hier wird dann auch klar, dass der Titel Ménage à trois eher auf eine flüchtige Inspiration denn auf eine reale Abbildung außermusikalischen Geschehens zurückzuführen ist. Denn so perfekt balanciert wie in diesem Streichtrio wird sich eine häusliche Dreierkonstellation kaum je zeigen können.
Daniel Knödler