Jones, Quincy

Mein Leben – meine Leidenschaften

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Edel, Hamburg 2011
erschienen in: das Orchester 03/2012 , Seite 71

Schon in den drei Vorworten der Autobiografie des knapp 80-jährigen Quincy Jones wird er als „das erfolgreichste Allround-Talent in der Geschichte der amerikanischen Unterhaltungsmusik“ gepriesen. Tatsächlich ist der als Musiker, Arrangeur, Bandleader und als Produzent Tätige eine der einflussreichsten Persönlichkeiten der Unterhaltungsindustrie. In seiner Autobiografie, die vor Kurzem auf Deutsch erschienen ist, erzählt er aus seinem bewegten Leben – dies in der dritten Person, um einen Hauch von Distanz aufkommen zu lassen.
Chronologisch werden die einzelnen Stationen der Karriere auf eine heitere Weise abgehandelt. Aus fast jeder Zeile springt den Leser eine gewisse Gelassenheit an. Plastisch wird der von Gangstern bestimmte Alltag in Chicago geschildert, wo Jones aufwuchs. Als er zehn war, zogen seine
Eltern nach Seattle, wo es kaum Rassenunruhen gab. Seine Schlüsselerlebnisse im Jazz bescherten Jones, der mit 14 bereits passabel Trompete spielte, gastierende Orchester wie die von Cab Calloway, Lionel Hampton oder Count Basie. Mit Clark Terry, dem Trompeter der Basie-Band, hatte sich der junge Quincy angefreundet. Von dem originellen Solisten erhielt er wertvolle Tipps zur Verbesserung seiner Spieltechnik. Bevor Jones sich 1951 für zwei Jahre der Hampton-Bigband anschloss, die seine allererste Komposition einspielte, absolvierte er ein Musikstudium in Boston.
Nach erfolgreicher Europa-Tournee legte Jones 1955 die Trompete weg. Er ließ sich in Paris nieder, studierte bei Nadia Boulanger, die ihn in die Geheimnisse der „Beschränkung und Beherrschung beim Komponieren“ einweihte, und avancierte zu einem der erfolgreichsten Arrangeure im Jazz. Als Arrangeur und Produzent betätigte sich Jones dann in New York. Zuvor noch hatte ihm Hampton prophezeit, dass er es weit bringen würde. Die Schnelligkeit, mit der sich Quincy Jones profilierte, muss dem mit pub­likumswirksamen Shows vertrauten Orchesterchef gefallen haben. So reizte es Quincy früh, tiefer in die Mechanismen des Musikbusiness einzudringen. Als erster Schwarzer wurde er 1964 Vizepräsident bei Mercury Records, ehe er 1979 eine eigene Plattenfirma gründete. Bis in die jüngste Zeit blieb Quincy Jones aktiv: Er beteiligt sich an humanitären Projekten und veröffentlichte zuletzt sein Album Q: Soul Bossa Nostra. Nach zwei Gehirnschlägen lebt er intensiver, meditiert und betet jeden Tag.
Der üppig bebilderte Band macht die Person Jones und deren Beziehung zur Außenwelt sichtbar. Man sieht den Star neben Größen aus Showbusiness und Politik. Der Protagonist hatte Kontakte zu den Mächtigen der Welt – Nelson Mandela, Bischof Tutu, Jacques Chirac, Bill Clinton –, war aktiv in der Bürgerrechtsbewegung. Weggefährten wie Clint Eastwood, Bono oder Oprah Winfrey kommen zu Wort. Eine Zeittafel mit komprimierten biografischen Stationen, eine Übersicht über alle Bestseller, Grammy-Nominierungen und Auszeichnungen sowie eine Diskografie beschließen den brauchbaren Band.
Reiner Kobe