Max Reger
String Trios/Piano Quartet
Trio Lirico: Franziska Pietsch (Violine), Sophia Reuter (Viola), Johannes Krebs (Violoncello) & Detlev Eisinger (Klavier)
Warum ist die Kammermusik von Max Reger selbst in deutschen Konzertsälen vergleichsweise selten zu hören? Man kann es nicht verstehen, wenn man diese CD gehört hat. Sehr humorvoll und geradezu klassizistisch kommen seine Streichtrios und sein Klavierquartett op. 133 in der subtilen und einfühlsamen Wiedergabe des Trio Lirico daher.
Franziska Pietsch (Violine), Sophia Reuter (Viola) und Johannes Krebs (Violoncello) interpretieren zunächst das Streichtrio op. 77b und op. 141b mit starker Energie und nicht nachlassendem Elan. Formal klar kommen die erfrischenden Momente dieser harmonisch ausgewogenen Kompositionen zum Vorschein, deren Klangfarbenreichtum immer wieder neu hervorsticht. Chromatische Fortschreitung und die Parallelführung der drei Stimmen gehen nahtlos ineinander über, wobei sich der schlichte Charakter der Kompositionen imponierend behauptet. Und die dynamische Struktur des ersten Forte-Themas und des zweiten Piano‑, Dolce- und Espressivo-Themas melden sich mit spieltechnischer Eleganz.
Aber auch der ausufernde Charakter dieser Werke mit den für Reger typischen impulsiven Ausbrüchen kommt präzis zum Vorschein. Dichte Modulationen und eine interessante Stimmführung wechseln sich hier facettenreich ab. Anklänge an den beschwingten Geist Mozarts lassen nicht lange auf sich warten.
Noch interessanter und einfühlsamer gestaltet das Trio Lirico dann allerdings zusammen mit dem sensibel agierenden Pianisten Detlev Eisinger das wertvolle Klavierquartett op. 133 von Max Reger. Erste Pläne zu diesem zweiten Klavierquartett in a‑Moll op. 133 entstanden im April 1914 während eines Kuraufenthalts in Meran. Die Uraufführung im Leipziger Gewandhaus 1915 wurde von der Kritik sehr gefeiert.
Der Geist der Mozart-Variationen lässt sich bei dieser Wiedergabe nicht verleugnen. Auffallend ist insbesondere die klare und übersichtliche Formgestaltung. Kontrapunktischer Reichtum und lyrische Sphärenseligkeit wechseln sich immer wieder ab. Das Klavier wird weich in den Streicherklang eingebettet. Extreme Ausdruckssteigerungen werden dabei durch die Sonatenform gebändigt. Und im expressiven Larghetto werden die harmonischen Facetten des Dur-Moll-Systems klangfarbenreich ausgelotet.
Insgesamt gelingt es den Solisten auf dieser CD vorzüglich, die tief empfundenen Stimmungs- und Charakterbilder nuancenreich nachzuzeichnen. Die schöpferische Auseinandersetzung mit den verschiedenen Spieltechniken steht so immer wieder in reizvoller Weise im Mittelpunkt. Außerdem ist es sicher sehr schwierig, den für Max Reger so typischen harmonisch ausufernden Charakter der einzelnen Werke präzis herauszuarbeiten. Aber auch dieses Problem lösen die Musiker in vortrefflicher Weise. Und auch hier gebührt wiederum der subtilen Wiedergabe des Klavierquartetts op. 133 der Lorbeerkranz. Bei den reinen Streichtrios überwiegt übrigens immer wieder der serenadenhafte Charakter, der sich in durchsichtig-himmlische Sphären auflöst.
Alexander Walther