Max Reger
Maximum Reger
A Will Fraser Film, 6 DVDs mit Textheft
Rein äußerlich ist man geneigt, dem Titel der Produktion beizupflichten. Denn Max Reger erscheint einem auch in historischer Distanz als ein Komponist, der sich nicht nur als Palindrom in sich kreisend buchstabieren lässt, sondern der in vielen Bereichen des musikalischen wie realen Lebens eine maximale Persönlichkeit war. Denn so wie er rastlos von Konzert zu Konzert reiste (wohnhaft in der Eisenbahn), um für seine Werke in auktorialer Aufführungspraxis eine Tradition zu schaffen, so maßlos konsumierte er seine Lebenselixiere (Zigarren, Bier und Schnitzel) und schuf dabei in jeder freien Minute Partitur nach Partitur.
Dieses Leben, das in einem bürgerlich gut statuierten Rahmen im permanenten Ausnahmezustand verlief, griffig zu bündeln, ist eine gleichermaßen schwere wie leichte Aufgabe. Lassen sich die einzelnen biografischen Stationen wie auch die Kontexte leicht beschreiben, will dies mit den vielfach als zu komplex verrufenen Werken kaum gelingen. Reger fordert hier sich wie seine Hörer gleichermaßen heraus, bewegt sich auf dem in der Moderne schmal gewordenen Grat der motivischen Fasslichkeit, der formalen Abstraktion und des tonalen Fundaments.
Wer hier zu früh aufgibt, hat verloren. Wer aber weitergeht, dem eröffnet sich mit der Zeit eine Klangwelt mit höchst originären Ausdruckscharakteren, die nirgends anders zu finden sind und von einer äußerlich kernig robusten, im Inneren aber äußerst zarten, vorsichtigen und verletzlichen Persönlichkeit erzählen.
Diese Brücke versucht auch Will Fraser mit seiner groß angelegten Produktion zu schlagen zum einem mit einer Trennung von Dokumentation und vollständigen filmed musical performances, zum anderen in der Kombination von klingenden Beispielen und ausführlicheren Statements der Protagonisten. Hier allerdings regt sich Kritik. Sie betrifft nicht die fachliche Kompetenz von Susanne Popp und Jürgen Schaarwächter (beide Max Reger-Institut, Karlsruhe), die einzelne Stationen lebendig werden lassen und den Hintergrund des einen oder anderen Werks beleuchten.
Es sind vielmehr die sich in den drei Stunden wiederholenden Einstellungen und Konstellationen, die zu einer Ermüdung führen. Dies betrifft besonders das technische Handwerk, die Kameraführung und den Schnitt, der stets hart ist und die Fahrt oder den Übergang nicht kennt. Oft spricht Fraser selbst zu Bildern und der untermalenden Musik aus dem Off, für alle anderen Informationen wird aber durchgehend auf Talking heads in statischen Situationen gesetzt zu wenig für das Anliegen, zu wenig um das Interesse zu halten.
Bleibt die Frage nach der Zielgruppe einer solch maximalen, gerade am Anfang doch recht abstrakten Einführung. Die Enthusiasten werden sicherlich gut bedient (auch mit den vielfach erstklassigen exklusiven Einspielungen, etwa des jungen Aris Quartetts). Darüber hinaus wird es sicherlich schwierig wohl auch wegen des sich in der Länge und mit zu vielen musikalischen Seitenblicken auflösenden roten Fadens. Nebenbei: Mir standen zu viele Fotokopien auf den Klavieren.
Michael Kube