Sven Scherz-Schade
MANNHEIM: Existenzialistisch belanglos
Uraufführung der Kammeroper „Der Fremde“ nach dem Roman von Albert Camus
Die Streicher lassen schon ihren Klangteppich hören, als das Publikum den Saal betritt und sich setzt. Links und rechts der Bühne im Studio Werkhaus des Nationaltheaters Mannheim ist das Orchester positioniert. Mittendrin, seinen Rücken dem Publikum zugewandt, dirigiert Pierre-Alain Monot. Das macht er zumeist mit deutlich schwingenden Händen, auf dass alle wissen, wo die „Eins“ ist. Das tut Not, denn in der Kammeroper Der Fremde, komponiert von der 1966 in Argentinien geborenen Cecilia Arditto Delsoglio, dominieren die Cluster. Die Klänge kriechen vor sich hin. Da verliert man leicht die Orientierung. Als einen „poetischen Klangraum“ kündigt das Programmheft das Stück an. Tatsächlich aber ist diese Produktion – die aus Wettbewerb plus Kompositionsauftrag mit Unterstützung der Freunde und Förderer des Nationaltheaters Mannheim hervorging – die belanglose, verknappte Verkündigung einer Romanhandlung. Eigentliche Potenziale von Musiktheater werden nicht genutzt. Schuld daran ist das Libretto, das es nicht schafft, erzählende Prosa in szenisches Spiel und in sinnvolle Dialoge zu wandeln. Stattdessen dominiert innerer Monolog, zumeist – unter der Regie von Annette Müller – statisch dahergesungen und schauspielerisch verkümmert.
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