Schumann, Robert
Manfred
Konzertchor Münster, Philharmonischer Chor Münster, Sinfonieorchester Münster, Ltg. Fabrizio Ventura
Manfred gilt heute als eine der problematischsten, weil üblichen Genres besonders fern stehenden Schöpfungen Robert Schumanns. Halbszenische Werke für Sprecher, Chor und Orchester waren im 19. Jahrhundert keine Seltenheit, im Grunde waren sie Vorläufer des Films, und der rechte Platz für solche Kompositionen bleibt auch heute mehr das Opern- oder Schauspielhaus denn der Konzertsaal.
Im Theater der Stadt Münster stand Manfred op. 115 im Frühjahr 2015 auf dem Programm. Schauspieldirektor Frank Behnke zeichnete für die Erarbeitung des Sprechanteils verantwortlich, Generalmusikdirektor Fabrizio Ventura für den musikalischen Anteil. Wie so häufig ergänzen sich beide Teile nicht kongenial, nicht zuletzt, weil die gesprochenen Texte mehr rezitiert denn dramatisch überhöht vorgetragen werden. Dies passt weder zu Schumanns Musik noch zu seinem Gesamtkonzept. Besonders Dennis Laubenthal in der Titelrolle transportiert wenig von der Leidenschaftlichkeit des Sujets, die Schumann so fasziniert hatte. Vergleicht man mit Gerd Albrechts Einspielung von 1984, so fällt allem anderen voran auf, wie stark die Kunst des dramatischen Sprechens qualitativ seither nachgelassen hat.
Musikalisch ist die Produktion insgesamt überzeugender der Philharmonische Chor, der Konzertchor Münster und das Sinfonieorchester Münster beherrschen ihren Schumann (das Orchester mehr denn die Chöre), wenn sich auch in den vergangenen 30 Jahren kaum eine interpretatorische Entwicklung eingestellt zu haben scheint (Christoph Spering hat längst neue Wege beschritten). Die hohen Streicher (leider in unpassender Sitzanordnung) klingen dünn, die Klanggestalt etwas hemdsärmelig und in der Balance auch nicht ganz geglückt. Insgesamt bleibt es bei einer kaum mehr als guten Interpretation, die als Memento vergangener Aufführungen wichtiger ist denn als nachhaltiges Interpretationsdokument für die Ewigkeit. Auch die problematische Akustik des Münsteraner Theaters (oder die unglückliche Mikrofonierung) ermöglichen der SACD-Aufnahmetechnik keinen Referenzstatus. Positiv fällt naturgemäß die Klarheit des Klangs und die große Textverständlichkeit auf.
Leider spiegelt auch die vorliegende Veröffentlichung das Missverständnis des Werkkonzepts. Nicht nur wird der Regisseur Frank Behnke auf der Box und dem Bookletumschlag nicht gleichberechtigt neben Dirigent Fabrizio Ventura genannt; auch in der künstlerischen Erarbeitung scheinen gesprochenes Wort und musikalische Ausarbeitung nicht aus einem Guss zu sein. Hier ist noch viel Überzeugungsarbeit zu leisten.
Jürgen Schaarwächter