Peter Revers
Mahlers Sinfonien
Ein musikalischer Werkführer
Die bereits erschienenen musikalischen Werkführer haben inzwischen die recht ansehnliche Zahl von zwanzig Einzelpublikationen überschritten. Nun kam mit Mahlers Sinfonien von Peter Revers, Professor an der Grazer Universität für Historische Musikwissenschaft, ein weiteres Büchlein der renommierten Reihe heraus.
Als profunder Kenner der Materie führt der Autor nach einer kleinen Einführung kenntnisreich zu den eigentlichen neun Sinfonien und dem Torso der Zehnten hin. Zunächst beleuchtet er zum einen die Einflüsse des Sinfonieschaffens Ludwig van Beethovens – insbesondere seiner Neunten – und Anton Bruckners, zum anderen führt er auch Richard Wagners Musikdramen und Franz Schuberts Liedschaffen ins Feld. Dessen Lieder spielen bereits in Mahlers Studienzeit eine wichtige Rolle, als Liedbegleiter und bei anderen musikalischen Aktivitäten. Man denke nur daran, dass er beispielsweise das Streichquartett in d-Moll D 810 Der Tod und das Mädchen für Streichorchester arrangiert hatte, aber nicht nur den 2. Satz, wie merkwürdigerweise notiert ist.
Und nicht zuletzt erwähnt Revers literarisch-philosophische Einflüsse Friedrich Nietzsches und verweist auch auf „religiöse Implikationen“. Er geht auf Mahlers gedankliche Entwicklung ein, die Finalproblematik in dessen Sinfonien, nicht ohne auch auf den kompositorischen Prozess insbesondere seiner frühen Sinfonien hinzuweisen. „Mahlers Beschreibung seiner ersten vier Sinfonien“, so der Autor, rufe „als eine dem Inhalt und Aufbau nach durchaus in sich geschlossene Tetralogie unweigerlich Assoziationen mit Wagners Ring-Tetralogie hervor.“ Sie würde wegen der moti-vischen und thematischen Querverbindungen „auf eine werkübergreifende epische Anlage zielen“.
Die einzelnen Sinfonien sind jeweils mit einer Art programmatischen Leitmotivik übertitelt wie „Naturlaut – Groteske – Apotheose: die 1. Sinfonie“ oder „,Seelenvoller Klang‘ und ,kontrapunktische Kunst‘: die 5. Sinfonie“. Dem Text voran stehen jeweils Angaben zur teils riesigen Besetzung, zur Entstehungszeit, den Fassungen (wie bei der Ersten), Ort und Zeit der ersten Aufführungen, zum Erstdruck und Informationen zur Kritischen und zur Neuen Kritischen Gesamtausgabe.
Mit viel Hintergrundwissen werden sie im Einzelnen sehr verständlich beschrieben, mit Mahler-Zitaten, mit Bezügen zur Sekundärliteratur und mit Bezügen auf andere Komponisten und deren Werke, ohne jedoch wie bei älteren Werkbesprechungen analytisch zu sehr ins Detail zu gehen – was nur verbunden mit einer Partitur verdaubar wäre. Die mit Taktzahlen angegebenen Verweise beziehen sich auf Form- oder Strophenteile, dynamische Einschnitte, tonale Dispositionen oder besonders erwähnenswerte Entwicklungen.
Ein ausführliches Literaturverzeichnis (Briefe, Erinnerungen, Dokumente und Einzeldarstellungen vorwiegend aus neuerer und neuester Zeit) und ein Personenregister runden das Büchlein ab.
Werner Bodendorff