Frank Pommer

Ludwigshafen: Flüchtiges Glück, Parforceritt und heile Welt

3. Philharmonisches Konzert der Deutschen Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz: ein beschwingt-vorweihnachtlicher Abend

Rubrik: Bericht
erschienen in: das Orchester 03/2023 , Seite 57

„Schwung“ lautete das Motto des letzten philharmonischen Konzerts der Deutschen Staatsphilharmonie im Jahr 2022 im Ludwigshafener Pfalzbau. Auf dem Programm standen Werke der russischen Komponisten Michail Glinka und Alexander Glasunow. Dazu von Camille Saint-Saëns das 3. Violinkonzert in h-Moll. Solist war der Geiger Laurent Albrecht Breuninger, als Gast am Pult konnte die Staatsphilharmonie Pavel Baleff begrüßen, der unter anderem Chefdirigent der Philharmonie Baden-Baden und Generalmusikdirektor des Theaters in Nordhausen ist. Es war tatsächlich ein beschwingter, manchmal etwas kitschiger Abend. Passend zur Vorweihnachtszeit.
Vor dem Konzert hatte der rheinland-pfälzische Kulturstaatssekretär Roland Hardeck einen unverschuldet leicht skurrilen Auftritt. Er überreichte an die Oboistin Petra Fluhr und den Trompeter Friedhelm Bießecker Urkunden des Landes als Auszeichnung für deren 40-jährige Zugehörigkeit zum rheinland-pfälzischen Vorzeigeorchester. So weit, so gut. Nur liegt das Dienstjubiläum von Bießecker bereits über vier Jahre zurück. Wo sich wohl die Urkunde, die in seinem Fall von Ministerpräsidentin Malu Dreyer und nicht wie im Falle seiner Kollegin von der aktuellen Kulturministerin Katharina Binz unterzeichnet worden ist, so lange in der Mainzer Staatskanzlei versteckt hatte?
Das Konzert begann mit Glinkas Walzer-Fantasie in h-Moll, einem durchaus festlichen, wenn man so will schwungvollen Tanzstück, dem allerdings in bester russischer Manier die Melancholie-Bremse mit eingebaut ist. So als denke der Mann, der gerade eine wunderschöne Frau in den Armen hält, schon bei den ersten Takten, dass dies nur ein flüchtiges Glück ist und der Walzer schon gleich wieder vorbei sein wird.
Pavel Baleff dirigierte mit souveräner Leichtigkeit, nahm sich und das Orchester dann auch ganz zurück im Violinkonzert von Saint-Saëns. Wie auch anders? Das Stück strebt nicht den gleichberechtigten Dialog zwischen Orchester und Solist an, sondern zielt ganz auf dessen Virtuosität ab. Der kurzfristig eingesprungene Laurent Albrecht Breuninger meisterte die immensen technischen Schwierigkeiten mit Bravour, zeigte sich in bester und durchaus ansteckender Spiellaune. Er genoss sichtlich den Parforceritt, den das Konzert vom Solisten verlangt. Aber den langsamen zweiten Satz gestaltete er zusammen mit dem Orchester dann äußerst intensiv, ja nachgerade zutiefst berührend – und mit einer fantastischen Pianokultur.
Zum Abschluss des Konzerts dann Glasunows Ballett Les Ruses d’Amour, eine etwa 50 Minuten lange Musik zu einem einaktigen Ballett, die 1900 uraufgeführt wurde. Man muss das schon dazu sagen, denn hörbar ist diese zeitliche Nähe zur Moderne an keiner Stelle des Werks – klingt es doch eher nach Mendelssohn denn nach Mahler. Es ist Musik, die von einer heilen Welt singt, eine Geschichte erzählt, die gut endet. Das tut sicherlich gut, auch wenn es mitunter wie die Untermalung eines Disney-Märchenfilms klingt und der Grenze zum Kitsch in manchen Augenblicken auch gefährlich nahekommt. Dirigent und Orchester hatten offenkundig ihren Spaß an den unterschiedlichsten, zum Teil sich an barocken Vorbildern orientierenden Tänzen des Balletts. Außerdem bietet das Stück den Musikerinnen und Musikern die Möglichkeit, ihr solistisches Können unter Beweis zu stellen, etwa dem Solo-Cellisten Florian Barak oder der Konzertmeisterin Yi-Qiong Pan. Also alles gut, Weihnachten kann kommen.