Ludwig van Beethoven
Symphony No. 9, Johannes Brahms: Nänie
Rachel Harnisch (Sopran), Ekaterina Semenchuk (Mezzosopran), Mauro Peter (Tenor), Hanno Müller-Brachmann (Bassbariton), Züricher Sing-Akademie, Luzerner Sinfonieorchester, Ltg. James Gaffigan; 2 CDs
Mit Ludwig van Beethovens Chor der Gefangenen „Oh, welche Lust“ aus seiner Oper Fidelio und der Symphonie Nr. 9 vereint die vorliegende Einspielung gleich zwei Werke des Meisters, die aus langwierigen Entstehungsprozessen hervorgegangen sind.
Der Chor der Gefangenen „Oh, welche Lust“ ist eine der bekanntesten Nummern aus Beethovens einziger Oper. Sein berührender Aufbau mit den zunächst zaghaft einsetzenden und dann immer kraftvoller werdenden Stimmen als Symbol der erlangten Freiheit gelingt den Interpreten der Züricher Sing-Akademie in besonders ansprechender Weise, sodass der Hörer sich in diese Aura geradezu hineinversetzt fühlt. Der warme und gefühlvoll dosierte Klang des Orchesters unterstreicht dabei die aus der Musik sprechenden Emotionen der Freude und Dankbarkeit.
Ebenso beeindruckend ist die Interpretation von Johannes Brahms’ Nänie auf einen Text von Friedrich Schiller. Der Komponist Brahms war der Chormusik sehr zugetan – dementsprechend vielschichtig und anspruchsvoll erweist sich auch Nänie, wobei die Interpreten diese Hürden mühelos meistern und den Hörer mit einem farben- wie nuancenreichen Klang belohnen.
Das Highlight der Einspielung bildet aber zweifellos Beethovens Symphonie Nr. 9. Obwohl die offizielle Arbeit an dem Werk sich auf etwa zwei Jahre eingrenzen lässt, ist die Neunte aufgrund des Rückgriffs auf eine Vielzahl von älterem Skizzenmaterial das Ergebnis eines weit längeren Reifungsprozesses. Das Per-aspera-ad-astra-Prinzip (durch Mühsal zu den Sternen), welches insbesondere mit der Fünften in Zusammenhang gebracht wird, kann man durchaus auch auf die Neunte übertragen, wenn man die Dramatik des Kopfsatzes dem Freudentaumel aus dem Chorfinale gegenüberstellt – Letzterer unterstützt durch den Griff zum Wort und damit durch Überschreitung einer magischen Grenze damaliger ästhetischer Postulate. Tragisch mutet an, dass die Vollendung des Werks bereits in die Zeit der vollständigen Ertaubung des Meisters fiel, sodass Beethoven seine Neunte nie gehört hat.
Das Luzerner Sinfonieorchester unter James Gaffigan vermag sowohl die Tragik des Kopfsatzes, die bedächtige Introversion aus dem Adagio-Satz als auch die überschäumende Lebensfreude, die aus dem Chorfinale spricht, zu einer Vollkommenheit zu führen, welche den Hörer in ihren Bann zieht. Der Umgang mit dem Dualismus an Affekten besticht dabei in besonderer Weise.
Nicht unerwähnt bleiben soll die erstklassige Qualität der Gesangssolisten, die durch einen transparenten und zugleich voluminösen Ton beeindrucken. Insgesamt ist diese zwei CDs umfassende Einspielung, die durch ein umfassendes Booklet abgerundet wird, ein Genuss für jeden Musikfreund.
Bernd Wladika