Werke von Beethoven, Satie, Debussy und anderen

Live from Stadtcasino Basel

Sinfonieorchester Basel, Ltg. Ivor Bolton

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Berlin Classics
erschienen in: das Orchester 05/2021 , Seite 82

Nach intensiver Umbauphase feierte das Sinfonieorchester Basel als das Residenzorchester des Stadtcasinos Basel im August 2020 die Rückkehr in den nach Plänen des Basler Architekten Jakob Stehlin 1876 vollendeten Musiksaal. Die vorliegende Einspielung ist als Koproduktion mit dem SRF entstanden, der das erste Konzert des Sinfonieorchesters in seinem Stammhaus, dem Sadtcasino Basel, mitgeschnitten hat.

Unter der inspirierend-befeuernden Leitung von Ivor Bolton imponiert sogleich die Wiedergabe von Ludwig van Beethovens Ouvertüre Die Weihe des Hauses C-Dur op. 124. Beethoven schrieb sie 1822 zur Einweihung des Theaters in der Wiener Josefstadt. Ivor Bolton arbeitet mit dem Sinfonieorchester Basel den festlich-repräsentativen Impetus dieses Werks sowie die harmonische Weiträumigkeit sehr gut heraus. Vor allem die kontrapunktischen Strukturen werden plastisch nachgezeichnet.

Ein ausgezeichneter Höhepunkt des Konzertmitschnitts ist ferner die 3. Gymnopédie von Erik Satie in der feinsinnigen Orchestrierung von Claude Debussy. Die versierte Sopranistin Christina Landshamer, in der Saison 2020/21 Artist in Residence beim Sinfonieorchester Basel, interpretiert mit emotionaler Emphase das Orchesterlied Morgen von Richard Strauss, wobei die thematischen Verbindungslinien subtil offengelegt werden. Die Streicher tragen die Sopranistin wie auf einem durchsichtigen harmonischen Orchesterbett.

Zum Abschluss präsentiert Ivor Bolton die Sinfonie Nr. 9 e-Moll op. 95 “Aus der Neuen Welt” von Antonín Dvořák. Nach einer kurzen, spannungsreichen Adagio-Einleitung eröffnet das naturfrische Hauptthema den an Beethovens Sonatenschema orientierten ersten Satz „Allegro molto“. Dem Vordersatz der Hörner lassen die Klarinetten wie eine böhmische Polka den Nachsatz folgen. Dreimal siegt der Gruß der Heimat mit munteren Fortspinnungen und Umspielungen, dann stimmen Flöten und Oboen das zweite Thema an. Durchführung, Reprise und Coda sind hier aus einem Guss. Allerdings muss man festhalten, dass sich die Qualität dieser Dvořák-Interpretation immer mehr steigert. So gehen die leisen Bläserakkorde des zweiten Largo-Satzes unter die Haut. Robust wirkt das mitreißend musizierte Scherzo, wobei das Scherzomotiv in der Coda dem Hauptthema des ersten Satzes das Feld überlässt.

Am besten geglückt ist aber die elektrisierende Wiedergabe des Finales, wo Ivor Bolton mit dem Sinfonieorchester Basel das Publikum zu Begeisterungsstürmen hinreißt. In den Klarinetten klingt sehr zart die böhmische Heimatmelodie als zweites Thema. Und die Durchführung mit den Melodien aller vier Sätze türmt sich zu einem grandiosen Quadrat auf, wobei die helle Freude über die Liebe zur Heimat im wiederkehrenden Hauptthema des ersten Satzes bei dieser Interpretation voll zur Geltung kommt. Trotz mancher akustischer Einschränkungen einer Liveaufnahme imponiert bei diesem Mitschnitt das nie nachlassende orchestrale Feuer, das der Dirigent wirkungsvoll entfacht.

Alexander Walther