Alain Steffen

Let’s Talk About…

Pittsburgh Symphony Orchestra & Manfred Honeck

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Rombach
erschienen in: das Orchester 07-08/2019 , Seite 59

Längst ist das Pittsburgh Symphony Orchestra unter seinem Chefdirigenten Manfred Honeck in die Liga der internationalen Spitzenorchester aufgestiegen. Was das Renommee und die öffentliche Wahrnehmung angeht, steht der Klangkörper aber immer noch im Schatten der Big Five aus New York, Boston, Philadelphia, Cleveland und Chicago. Nun stellt der Luxemburger Musikjournalist Alain Steffen das Orchester und seinen Chefdirigenten vor und hat dafür gleich 25 Interviews geführt. Eine Orchesterchronik, ein Tourneetagebuch und einzelne Beiträge von Gastautoren ergänzen den mit Konzertplakaten, Orchester- und Porträtfotos illustrierten Band.

Im Vorwort schwärmt Manfred Honeck, der seit 2007 das Orchester als Chefdirigent betreut, vom „vorbehaltlosen Einsatz“ und „puren Enthusiasmus“ der Musiker. Das Pittsburgh Symphony Orchestra ist für ihn eine Vereinigung von „pennsylvanischer Stahlschneidepräzision und mitteleuropäischer Verspieltheit“. Die besondere Neugierde und Offenheit der Orchestermitglieder betonen auch Musiker wie der Schlagzeuger Martin Grubinger oder die Geigerin Anne-­Sophie Mutter. Die durch Chefdirigenten wie Fritz Reiner, William Steinberg, Lorin Maazel oder Mariss Jansons geprägte europäische Tradition des Klangkörpers wird als besonderes Merkmal von vielen herausgestrichen. Für André Previn, Chefdirigent von 1976 bis 1984, ist das Pittsburgh Symphony ganz einfach das „beste Orchester der

Welt“.

Leider gelingt es Alain Steffen nur in wenigen Interviews, Spannung zu erzeugen. Viele Antworten auf seine Fragen haben Überlänge. Es fehlt jede Verdichtung und häufig auch jedes Nachfragen. Was macht denn genau den „unnachahmlichen Blechbläserklang“ aus, von dem Dirigent Gianandrea Noseda spricht? Zudem erfährt man nicht, in welchem Jahr die Gespräche geführt wurden. Omer Meir Wellber spricht vom Pittsburgher Konzertmeister Noah Bendix-Balgley, obwohl der US-Amerikaner schon seit 2014 in gleicher Funk­tion Mitglied der Berliner Philharmoniker ist. Einige Texte wie Leonard Slatkins Überlegungen zur Pflege US-amerikanischer Musik sind verzichtbare Zweitabdrucke.

Überhaupt stellt sich die grundsätzliche Frage, ob das Interview als journalistische Darstellungsform geeignet ist, um ein Orchesterport­rät zu zeichnen. Man vermisst kürzere Texte, Porträts und mehr Quellenmaterial: variatio delectat! In einigen Interviews wie in dem mit der Pianistin Yuja Wang geht es überhaupt nicht um das Orchester. Eine Vielzahl von Themen wird ­angeschnitten, statt Interessantes zu vertiefen. Die spannende Perspek­tive der Orchestermitglieder wird nur in wenigen Gesprächen wie dem Interview mit dem Clarion-Quartett erfragt. Von Manfred Honeck jedenfalls zeigen sich alle begeistert. Für den Sänger Thomas Hampson ist er der „perfekte Nachfolger von Mariss Jansons“. Auch die Pianistin Hélène Grimaud schwärmt vom Österreicher: „Ich glaube, Manfred Honeck hat das Orchester noch europäischer gemacht.“

Georg Rudiger