Giacomo Puccini
Le Villi. Opera-ballo in zwei Akten
Anita Hartig (Sopran), Kang Wang (Tenor), Boris Pinkhasovich (Bariton), Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Ltg. Ivan Repušić
Seit nunmehr 16 Jahren erscheinen bei dem Label BR-KLASSIK hervorragende Live-Aufnahmen aus den vergangenen Jahrzehnten von Chor und Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks und des Münchner Rundfunkorchesters auf CD. Das jüngste Produkt dieser verdienten CD-Reihe gilt Giacomo Puccinis Erstlingswerk, dem Einakter Le Villi. Aufgenommen wurden konzertante Aufführungen vom 11. bis 13. Oktober 2024 im Münchner Prinzregententheater.
Puccini schrieb diese seine erste Oper für den von dem Verleger Edoardo Sonzogno im Jahre 1883 erstmalig ausgeschriebenen Einakter-Wettbewerb. Sein Librettist war Ferdinando Fontana. Obwohl die Uraufführung der einaktigen Originalfassung von Le Villi beim Publikum sehr gut ankam, ging Puccini bei der Siegerehrung leer aus. Im Folgenden arbeitete er sein Werk um. So gab er ihm zwei Akte und komponierte zudem die beiden heute erfolgreichsten Arien von Anna und Roberto dazu. Man kann durchaus nachvollziehen, dass Le Villi auch in dieser Gestalt ein riesiger Erfolg wurde, der zur Folge hatte, dass Puccini von dem Mailänder Verleger Ricordi unter Vertrag genommen wurde.
Dem Hörer der vorliegenden CD offenbart sich angesichts der fantastischen Leistung des Dirigenten Ivan Repušić ein absoluter Hörgenuss. Unter seiner versierten musikalischen Leitung entfaltet das souverän spielende Münchner Rundfunkorchester einen wahren Klangrausch, der hier und da schon den späteren Puccini erahnen lässt. Dieser Dirigent versteht sein Handwerk ausgezeichnet. Er spannt über Puccinis Musik lange Bögen und stattet das Ganze mit einer wunderbaren Italianità aus. Schwelgerisch und in hohem Maße emotional begleitet er die Sänger:innen, ohne diese jemals zu überdecken. Andererseits dreht er den Orchesterapparat auch manchmal mächtig auf, so in den intensiven Zwischenspielen. Sehr beeindruckend ist zudem die fulminante Dramatik, die er insbesondere dem Hexensabbat angedeihen lässt.
Ebenfalls hervorragend schneiden die Sänger:innen ab. Mit prächtigem, bestens italienisch geschultem und zur Höhe hin schön aufblühendem Sopran begeistert Anita Hartig in der Rolle der Anna. Mit in gleicher Weise hervorragend italienisch fundiertem, sehr kraftvollem und mit stählernen Spitzentönen ausgestattetem Tenor verleiht Kang Wang dem Roberto stimmlich regelrecht heldische Züge. Ein sonorer, tiefgründiger und ebenmäßig dahinfließender Bariton zeichnet den Guglielmo von Boris Pinkhasovich aus. Mächtig legt sich der von Stellario Fagone gewissenhaft einstudierte Chor des Bayerischen Rundfunks ins Zeug.
Ludwig Steinbach