Charles Gounod
Le Tribut de Zamora
Chor des Bayerischen Rundfunks, Münchner Rundfunkorchester, Ltg. Hervé Nique
Und wieder eines von diesen geschmackvoll ausgestatteten Bändchen, mit denen das Centre de musique romantique française nun schon seit Jahren den Markt der Musikliteratur bereichert. Stets sind es bibliophile Kostbarkeiten, die nicht zuletzt mit ihrem dekorativen Einband punkten. Mal erinnert die Gestaltung an kostbare Tapisserien, mal, wie in diesem Fall, an die Ornamentik eines orientalischen Palastes. In Zeiten, da Visuelles eher scharf belichtet, wenn nicht krass in Szene gesetzt wird, wirkt das auf sympathische Weise retrohaft.
Was dem Inhalt durchaus entspricht, handelt es sich bei den Veröffentlichungen doch darum, längst vergessene Schätze wieder ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Im vorliegenden Fall geht es um die letzte Oper von Charles Gounod. Le Tribut de Zamora wurde zwar sein Vermächtnis, aber eher wider Willen. Nach den Misserfolgen mit Cinq Mars und Polyeucte wollte der Altmeister, als „Haupt der französischen Schule“ gefeiert, noch einmal ein gewichtiges Zeichen setzen, doch zum langanhaltenden Triumph geriet das Werk nicht. Zwar feierte es 1881 in Paris eine umjubelte Premiere, doch das überzeugte die Kritik nicht.
Die Ovationen seien wohl aus dem „Gefühl tiefen Respekts vor der Persönlichkeit von Monsieur Gounod“ zu erklären, schrieb Louis de Fourcaud in Le Galois, und fügte hinzu: „Le Tribut de Zamora ist, um es klar zu sagen, eine altmodische Oper.“ Johannes Weber (in Le Temps) konnte Le Tribut auch etwas Positives abgewinnen: „Wenn Monsieur Gounod Le Tribut de Zamora in der Absicht geschrieben hat, jegliche Verbindung mit Wagner zu leugnen, so konnte er es nicht besser machen.“ Immerhin war Gounod also nicht dem grassierenden Wagnerismus verfallen. Dafür machte er nach Ansicht vieler eine Rolle rückwärts, zur Grand Opéra nämlich. Für prunkvolle Dekorationen, packende Chorszenen und plakative Auftritte der Protagonisten bot die Geschichte um den spanischen Soldaten Manoel und seine Verlobte Xaima reichlich Gelegenheit. Xaima wird von Ben-Said, dem Botschafter des Kalifen in Cordoba, als „Tribut“ verlangt – schließlich hatten die Mauren die Spanier in der Schlacht von Zamora besiegt.
Wie alle seine Vorgänger ist auch dieses Buch ein „Livre-Disque“, ein Buch, das neben kompetenten Beiträgen (zweisprachig Französisch/Englisch) zum Werk und seinem Umfeld sowie dem zweisprachigen Libretto auch eine Einspielung auf zwei CDs enthält. Der Chor des Bayerischen Rundfunks, das Münchner Rundfunkorchester sowie eine Riege namhafter Sänger realisierten diese Aufnahme im Rahmen einer konzertanten Aufführung im Münchner Prinzregententheater im Januar 2018.
Gérard Condé bricht im ersten Beitrag des Bandes eine Lanze für das Stück. Gefühlvoll, charakterstark und voller Inspiration sei die Musik, die den Vergleich mit früheren Opern nicht zu scheuen brauche. Drei weitere Essays beleuchten die Rezeption in der Presse, die Bühnenausstattung und „Spanien“ als Phantasmagorie in zeitgenössischen Gemälden.
Mathias Nofze