Luis-Claude Daquin, Elias Paris-Alvars, François Couperin

Le Rossignol en Amour

Agnès Clément, Internationaler Musikwettbewerb der ARD

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Genuin GEN
erschienen in: das Orchester 10/2019 , Seite 68

Agnès Clément, erste Preisträgerin des ARD-Wettbewerbs 2016, fällt auf durch ihre sympathische, unprätentiöse Erscheinung: eine reife Persönlichkeit, die nicht nur durch höchste technische Brillanz, sondern auch durch die transparente Gestaltung polyfonen Geschehens besticht. Dabei wendet sie die Technik der Fingerzwischendämpfung an, um der linken Hand eine deutlichere Struktur zu geben, die nicht reduziert ist auf unwesentliche Begleitung. Bei ihrer Auswahl der Stücke ließ sich Clément einerseits inspirieren von der Leichtigkeit der Vögel und deren Sinnbildern der Liebe, andererseits spannt sie einen großen Bogen durch die Musikgeschichte mit Werken von François Couperin (Le Rossignol en Amour – so auch der Titel der CD – und Les Francaises), Jean-Philippe Rameau (Le Rappel des Oiseaux), Louis-Claude Daquin (Le Coucou, L’Hirondelle) und Franz Liszt (Le Rossignol und Liebestraum), durchwirkt von romantischen Werken von Elias Parish-Alvars und Wilhelm Posse sowie der Harfensonate von Paul Hindemith. Clément ist bekannt dafür, dass sie auch auf dem Fagott meisterhaft zu spielen weiß. Vielleicht ist es ihr gerade deshalb so wichtig, die Bassfiguren – selbst in tiefster Lage – in einer äußerst selten gebotenen Klarheit wiederzugeben.
Couperins Sprache weiß Clément stilsicher in den „Folies Françaises“ umzusetzen, indem sie Melodiebögen in angemessener Inegalität geschmeidig über die klaren Bassfiguren der linken Hand setzt, besonders auffällig in „L’Esperance“. Humorvolle Dialoge gelingen in „Vieux Galants et les Trésorières“. In starkem Kontrast dazu stehen die Werke von Parish-Alvars und Posse. Ein halbes Jahrhundert trennt die beiden Komponisten und Harfenisten, dennoch sind beide im romantischen Stil verankert. Clément fesselt den Zuhörer mit Akkordbögen, die unter die Haut gehen, voll Verve, die Variationen von feinster Agogik. Hindemiths Sonate erscheint in diesem Programm zunächst als Außenseiter, kennt man jedoch die programmatischen Hintergründe, fügt sich dieses Werk gut ein. Vergleicht man Hindemiths Sonaten für verschiedene Instrumente, fällt auf, dass die Harfensonate das einzige Werk ohne jegliche Artikulationsangaben ist. Desto mehr sind wir Harfenistinnen dazu verpflichtet, uns Artikulationen zu überlegen, die der musikalischen Aussage und deren sprachlicher Umsetzung dienen. Meisterhaft gelingt dies Clément! Lediglich im 3. Satz, als „Langsam“ überschrieben, mit Höltys Lied (Ihr Freunde, hänget, wann ich gestorben bin,/Die Kleine Harfe hinter dem Altar auf…), vermisse ich die Bezogenheit auf das Gedicht, etwas mehr Zeit in der Ausgestaltung der Phrasen und damit die Ruhe und Verbindung zur jenseitigen Welt. Klanglich ist die Aufnahme in dunklem, samtigem Ton aufgenommen. Nicht jedem Betrachter wird gerade im Rahmen der Gender-Diskussion die Covergestaltung zusagen. Es mag wohl ein Bezug zum Titel der CD intendiert gewesen sein.
Margit-Anna Süß