Gabriella Pittnerova

L’arte del canto

Die Kunst des Gesangs

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Königshausen & Neumann
erschienen in: das Orchester 11/2018 , Seite 58

Das vorliegende Buch ist genauso vielfältig wie die Kunst des Gesangs selbst. Diese Kunst in Worte zu fassen – handelt es sich bei der Stimme doch um das individuellste Instrument –, ist kaum möglich, aber definitiv einen Versuch wert.
Das Buch von Gabriella Pittnerova ist ein Stück weit Autobiografie, Enzyklopädie, Musikgeschichte, Pädagogik- und Nachschlagwerk in einem – aber kein Aspekt überzeugt wirklich. Die autobiografischen Züge finden sich in einem leidenschaftlichen Vorwort. Der Leser spürt, dass die Autorin liebt, was sie tut und wer sie ist. Das Buch endet mit einer ausgeprägten Autorenvorstellung in Form von Vita, Studentenliste und Fotogalerie Gabriella Pittnerovas.
Nahezu enzyklopädisch ziehen sich zahlreiche Auflistungen durch das Buch: Studienliteratur, Opern- und Operettenpartien, Musikwortschatz, italienische Musikterminologie und bekannte Theater sowie Opernhäuser sind hier nur eine Auswahl.
Musikgeschichtlich wird es dann im Abschnitt bezüglich der Epochen der europäischen Kunstmusik. Spätestens hier fragt mansich, ob dem Buch ein Fokus auf die tatsächlich gesangsrelevanten Themen nicht gutgetan hätte. Die pädagogischen Aspekte, im Untertitel des Buchs „Methodik in Theorie und Praxis“ genannt, bilden dennoch den Kern des vorliegenden Buchs. Der angehende Sänger oder interessierte Leser bekommt Tipps von der Haltung bis zur Mundform beim Singen. Darüber hinaus sind auch konkrete Übungen notiert, die auf der beiliegenden Audio-CD mit Klavierbegleitung eingesungen sind und somit der praktischen Vertiefung dienen.
Der im Eingang benannte Versuch, die Kunst des Gesangs in Worte zu fassen, überzeugt hier nicht. Das Buch schafft es aufgrund seiner zahlreichen Kapitel kaum, zu differenzieren und inhaltlich in die Tiefe zu gehen. Die Themen bleiben oberflächlich und teilweise unreflektiert stehen, eine stringente Dramaturgie ist ebenso nicht vorhanden. Die Lesart folgt eher einem Handbuch, in dem verschiedenste Aspekte rund um das Singen und Sängerdasein zwar angestoßen, aber nicht vertieft werden. Auch wenn sich der Buchtitel ausdrücklich auf den italienischen Belcanto-Stil bezieht, ist die gesangspädagogische Ausrichtung durch wiederkehrende Verweise in die Popularmusik sowie einen Ausbildungsschwerpunkt im Bereich Musical (s. Studentenliste) nicht konsequent.
Was bei all den Eindrücken bleibt, ist ein Einblick in das Wirken und Wissen der Gabriella Pittnerova. Fast bekommt man das Gefühl, das Buch ist ein fachliches Tagebuch, in dem die Sängerin und Gesangspädagogin ihr gesammeltes Wissen rund um Stimme und Musik niedergeschrieben hat. Da dürfen Adressen zum Phoniater des Vertrauens ebenso wenig fehlen wie Anekdoten aus dem eigenen Gesangsstudium. Liest man es also vom Buchcover bis zur beigelegten Audio-CD mit diesem Fokus, hält man den großen Traum einer
erfahrenen Sängerin in den Händen.
Eva-Maria Kösters