Thierry Pécou
L’Arbre aux fleurs
for 5 percussionists, Partitur und Stimmen
Auf der Plaza Garibaldi in Mexiko-Stadt bieten neben anderen traditionellen Musikern auch kleinere Gruppen von Marimbaspielern, die sich um ein einziges Instrument scharen, dem Publikum ihre Dienste an. Virtuos verknüpfen die oft stundenlang spielenden Musiker komplexe Rhythmen mit einfachen Melodien zu einer manchmal traurigen, meist aber fröhlichen Musik. Die Atmosphäre dieser Musik ist eng an das Leben der Menschen angebunden und hat oft rituelle Aspekte, bereits beim ersten Hören wirkt sie sehr ansprechend.
Dieses Phänomen der (vermeintlich) einfachen Zugänglichkeit interessiert den französischen Komponisten Thierry Pécou schon lange. In seiner Musik hat er immer wieder Bezüge zu außereuropäischer Musik hergestellt, seine Werke beschäftigen sich zum Beispiel mit den Musiktraditionen Afrikas oder des alten Chinas. Sehr deutliche Anklänge an lateinamerikanische Musik finden sich in L’Arbre aux fleurs aus dem Jahr 2010.
Dieses Auftragswerk der Percussions Claviers de Lyon besteht aus zwei einzelnen Sätzen, deren Titel sich auf Gesänge des alten Mexiko beziehen: „Jadeperlen“ und „Aufblühende Trommel“. Anknüpfend an die dortige Marimbamusik ist das Quintett mit Stabspielen besetzt, die durch Bongos und den mexikanischen Teponaztli nachempfundene Holzblocktrommeln ergänzt werden. Anders als in Mexiko bedient hier jeder Spieler sein eigenes Instrument. Charakteristisch für die Kompositionsweise von Pécou ist es, nie direkt mit folkloristischen Zitaten zu arbeiten. Stattdessen knüpft er an bestimmte musikalische Parameter seiner Ausgangsmusik an, die er kompositorisch weiterführt und verwandelt. Bei L’Arbre aux fleurs sind es vor allem die Klangfarben der Stabspiele und die virtuose Arbeit mit melorhythmischen Patterns, die die Assoziation an mexikanische Musik erwecken. In der Summe entsteht eine kraftvolle und feierliche Musik, die sich – so der Komponist nachvollziehbar formulierend – „schwankend zwischen Dorffest und Begräbnisklängen bewegt“.
Thierry Pécou (*1965) studierte am Pariser Konservatorium Klavier und Komposition. Mehrere Auslandsstipendien führten ihn nach Kanada, Russland, Spanien und Lateinamerika. Diese Reisen in andere Länder und Kulturen wurden zur wichtigen Inspiration für sein Schaffen. Pécous höchst individuelle kompositorische Arbeit jenseits avantgardistischer Traditionen hat ihn über Frankreich hinaus, wo er bereits seit vielen Jahren mit Opern- und großen Orchesterproduktionen prominent vertreten ist, recht bekannt gemacht. Für Deutschland sind seine Kompositionen aber noch zu entdecken. Die mustergültigen Editionen seiner Werke beim Schott-Verlag werden sicher dabei helfen, den Traum des Thierry Pécou zu verwirklichen, in seiner Musik die ganze Welt zum Klingen zu bringen.
Und auch das deutsche Publikum wird es zu schätzen wissen. Eine derartige Musik hat das Potenzial, viele Hörerinnen und Hörer anzusprechen und sie gefangen zu nehmen.