Samuel Ducommun

La Moisson du Feu/ Sinfonietta No. 2/ Concertino pour Trompette/ Concerto No. 2 pour Orgue

Choeur et Orchestre de la HEM Genève-Neuchâtel, Orchestre de Chambre de Neuchâtel, Orchestre du Conservatoire de Neuchâtel, Ltg. Jan Dobrzelewski/ Victor Desarzens

Rubrik: CDs
Verlag/Label: Claves
erschienen in: das Orchester 03/2021 , Seite 75

In sanften Tönen beginnt das Oratorium La Moisson du Feu, doch alsbald verdichtet sich die Faktur: Kontrastreich und unter Einbezie­hung barocker Kompositionsfor­men – Choralfantasie, Passacaglia, Fuge – zeichnet Samuel Ducom­mun musikalische Bilder der Apo­kalypse des heiligen Johannes nach Texten von Ducommuns Lands­mann und Dichterfreund Marc Eigeldinger. Wir vernehmen ein knapp vierzigminütiges, eindrucks­volles Werk für zwei Solisten, Chor, Kinderchor und Orchester und sind beschämt, den Namen dieses Kom­ponisten noch nie gehört zu haben. Ducommun ist eine Entdeckung!
Der 1914 geborene Westschweizer war ein bedeutender Organist und zudem ein echter Allrounder – Kompositions- und Klavierlehrer, Chorleiter –, dessen Wirken sich seit 1942 im Wesentlichen in der Stadt Neuchâtel entfaltete. Zwar reiste er zu Orgelkonzerten häufig nach Frankreich und Deutschland, sein kompositorisches Œuvre je­doch fand nur selten den Weg über die Grenzen seines Heimatlandes hinaus. Die vorliegende CD-Pro­duktion bietet Gelegenheit, vier sei­ner Werke kennenzulernen, wobei das Oratorium in einem Livemit­schnitt aus dem Jahr 2019 hier als Weltersteinspielung erscheint.
Gelegentlich begegnen wir Komponisten der sogenannten zweiten Reihe mit leichten Vorurteilen in Richtung Epigonentum – weit ge­fehlt bei Ducommun! Seine Musik­sprache ist durchaus individuell, ihr beherrschendes Idiom mag man polytonal nennen, doch daneben stehen modale, tonale und gelegent­lich scharf dissonante Wendungen. Gewiss: Marcel Dupré (Ducommuns Orgellehrer), Maurice Duruflé und andere Franzosen standen mutmaßlich Pate, und gelegentlich gemah­nen Ducommuns Klänge an die Hindemith-Welt oder gar an engli­sche Musik der Vaughan-Williams-Zeit. Dennoch drängt sich nie ein „Ducommun klingt wie…“ auf.
In drei abwechslungsreichen Konzertstücken lernen wir den Schweizer Meister als exzellenten Kontrapunktiker und zudem bril­lanten Instrumentator kennen. So­wohl die Streicher-Sinfonietta als auch die Konzerte für Trompete und Orgel – beide mit dankbaren Auf­gaben für die Solisten – enden mit Fugensätzen, die die Werke zu spannungsvollen Finalwirkungen führen.
Gesungen und musiziert wird gut bis sehr gut, insbesondere die Solisten Sarah Pagin (Sopran), Mo­hamed Haidar (Bass), Jean-Pierre Mathez (Trompete) und Robert Märki (Orgel) glänzen in ihren Fä­chern. Mögen die Chöre und Or­chester der Haute École de Musique Geneve-Neuchâtel im Oratorien­mitschnitt hier und da ein wenig mulmig klingen (es ist halt keine Studioaufnahme!), so leisten sie – ebenso wie das Konservatoriums-Kammerorchester Neuchâtel und die international renommierten Kammerorchester von Lausanne und Neuchâtel – allesamt einen über­zeugenden Beitrag zur Wiedererweckung eines bedeutenden und vor allem originellen Komponisten.
Gerhard Anders

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