Bekmeier-Feuerhahn, Sigrid / Karen van den Berg / Steffen Höhne et al. (Hg.)

Kulturmanagement und Kulturpolitik

Jahrbuch für Kulturmanagement 2011

Rubrik: Bücher
Verlag/Label: Transcript, Bielefeld 2011
erschienen in: das Orchester 04/2012 , Seite 61

Das Jahrbuch für Kulturmanagement 2011 widmet sich im Schwerpunkt dem Beziehungsgeflecht zwischen Kulturpolitik und Kulturmanagement. Die meisten Beiträge gehen inhaltlich zurück auf die Jahrestagung des Fachverbands Kulturmanagement im Januar 2011 in Basel.
Was sich auf den ersten Blick sehr abstrakt anhört, bleibt auch teilweise beim ersten Durchblättern des Sammelbands abstrakt. Einiges jedoch wird sehr konkret. Doreen Götzky führt beispielsweise in ihrem Beitrag über die Politikverdrossenheit des Kulturmanagements aus, wie sehr in der Praxis Kulturmanager (und nicht nur sie) unter konzeptloser und unflexibler Kulturpolitik leiden. Gutes Kulturmanagement allerdings bestehe in der Herstellung, Begründung und Vermittlung von Relevanz und könne sich daher auch gegen schlechte Kulturpolitik behaupten.
Lesenswert ist auch der Beitrag von Tasos Zembylas (neben Bekmeier-Feuerhahn, van den Berg, Höhne sowie Rolf Keller, Birgit Mandel und Martin Tröndle Herausgeber dieses Buches) zum rechtspolitischen Sinn oder Unsinn von Kulturförderungsgesetzen. Seit Schaffung des sächsischen Kulturraumgesetzes Mitte der 1990er Jahre taucht in einzelnen Bundesländern immer wieder die Debatte um die Verankerung der Kulturförderung im gesetzlichen Rahmen auf. Nach einem Vergleich der Situation in Deutsch­land, Österreich und der Schweiz kommt der Autor zu dem Schluss, dass Kulturfördergesetze nur dann Sinn machen, wenn sie gegenüber dem Status quo einen echten Mehrwert bringen. Auch in Zukunft werde es allerdings keinen verbindlichen Rechtsanspruch auf Kulturförderung geben.
Besonders interessant ist der Artikel „Theater im Wandel“ von Thomas Schmidt, der sich am Beispiel öffentlich geförderter Theater (und Orchester) in Deutschland mit den theoretischen und praktischen Folgen steigender Personalkosten bei gleich bleibenden oder gar sinkenden öffentlichen Zuwendungen befasst. Mehrere neuralgische Themenpunkte von Besuchern und Nichtbesuchern, schwindender politischer Legitimation, Standort- und Demografiefragen und Ausweichstrategien werden angesprochen. Ebenso spannend wie kontrovers sind die Thesen zur Zukunftsfähigkeit der Theater. Hier werden u.a. Forderungen für neue Verteilungsschlüssel der öffentlichen Zuwendungen an Theater und Orchester, aber auch die Wandlung der Theaterleiter in „Leiter eines neuen Typs“ aufgemacht. Weitere Teile des Buches widmen sich aktuellen Positionen der Kultur- und Kreativwirtschaft. Monika Mokre beleuchtet u.a. die Frage, welche Rolle der Standortfaktor „Kreativität“ in einer Stadt spielen kann. Im Berichte- und Dokumentationsteil findet sich ein spannender, englischsprachiger Beitrag zu Mobbingproblemen im Kunstbereich.
Insgesamt ist das Buch eine Fundgrube aktueller Themen des Kulturmanagements, dessen gezielte Lektüre lohnt.
Gerald Mertens