Carl Maria von Weber
Konzertstück f-Moll
für Klavier und Orchester op. 79, WeV N. 17, hg. von Markus Bandur, Studienpartitur
„Die Burgfrau schaut wehmütig in die Ferne hinaus. Der Ritter ist seit Jahren im heiligen Lande. Keine Botschaft von ihm, der ihr Alles ist.“ Feministisch Gesinnte dürften jetzt leichte Beklemmungen verspüren, doch hier die Erklärung: In einem Brief schilderte der Komponist Julius Benedict 1861 eine vierzig Jahre zurückliegende Begegnung mit seinem Lehrer Carl Maria von Weber. Am 18. Juni 1821, dem Tag der Freischütz-Uraufführung, spielte Weber seiner Frau und besagtem Benedict sein gerade fertig gestelltes Konzertstück f-Moll vor und Benedict erfand dazu diese rührselige Geschichte (inklusive Happy End, will sagen: „Triumph treuer Minne“), die man nicht als konkrete Inhaltsangabe des Konzertstücks betrachten darf. Doch gänzlich an den Haa-
ren herbeigezogen war sie auch nicht.
Schon 1815 hat Weber sich mit dem Gedanken getragen, seinen zwei Klavierkonzerten ein drittes folgen zu lassen. Aufschlussreich sind in diesem Zusammenhang Überlegungen, die er Friedrich Rochlitz, dem Herausgeber der Allgemeinen musikalischen Zeitung, mitteilte. Konzerte in Moll-Tonarten seien, so Weber, weniger wirkungsvoll, sofern ihnen „eine bestimmte erweckende Idee“ fehle. Sein Plan, ein f-Moll-Klavierkonzert zu schreiben, sei indes verknüpft mit einer Geschichte, „nach deren Faden die Stücke sich reihen und ihren Charakter erhalten“. Im Folgenden skizziert Weber die Stationen dieser Geschichte: „Allegro: Trennung. Adagio, Klage. Finale, höchster Schmerz, Trost, Wiedersehen, Jubel“.
Programmmusik? Alle „betitelten Tonbilder“ seien ihm verhasst. Dennoch, so berichtet der zwischen verschiedenen ästhetischen Standorten hin- und hergerissene Komponist, dränge sich ihm die Idee, ein Klavierkonzert entlang einer poetischen Idee zu komponieren, förmlich auf. Weber rekurriert hier auf das Grundkonzept der Beethoven’schen Pastorale: „Mehr Ausdruck der Empfindung als Malerei.“
So wenig das Konzertstück als Vorbote Liszt’scher Programmmusik missverstanden werden sollte, so zukunftsweisend wirkte es als einsätzig-durchkomponiertes, poetisches Instrumentalwerk in das noch junge 19. Jahrhundert hinein. Ein Rezensent der Uraufführung – in der Weber selbst den horrend schwierigen Solopart spielte – nannte das Werk ein „psychologisches Ton-Gemälde“. Dem einleitenden, sehnsuchtsvollen Larghetto affettuoso folgt ein wildes Allegro appassionato. An dessen Ende ertönt „in sanft getragenen Fagott-Tönen der entfernte Ruf des wiederkehrenden Geliebten“. Es schließt sich ein leise beginnender und immer weiter anwachsender Marsch an, der schließlich in ein Wiedersehensfreude ausdrückendes Rondo gioioso mündet.
Die vorliegende Edition folgt dem Erstdruck der Stimmen als Hauptquelle. Zudem konnte auf eine Fotokopie der Partitur-Erstschrift Webers zurückgegriffen werden. Verlag und Herausgeber sei gedankt für einen von Fehlern früherer Ausgaben bereinigten Blick auf Webers zu Unrecht wenig gespieltes Werk, das jedem echten Klaviervirtuosen dankbarste Auf-
gaben stellt.
Gerhard Anders


