Weinberg, Mieczyslaw

Konzert Nr. 2 op. 148 für Flöte und Orchester

Klavierauszug und Flötenstimme

Rubrik: Noten
Verlag/Label: Peermusic, Hamburg 2007
erschienen in: das Orchester 10/2016 , Seite 63

Lange Zeit wusste man nur we­nig über das Schaffen des polnisch-russischen Komponisten Miecyslaw Weinberg (1919-1996). Gut, dass er nun neben seinem berühmteren Freund Schostakowitsch sichtbar und vor allem hörbar wird. Die Werkverzeichnisse der beiden ähneln sich quantitativ und qualitativ, die Schreibweisen unterscheiden sich dagegen deutlich.
In Warschau geboren, wo sein Vater am jüdischen Theater arbeitete, floh der junge Weinberg 1939 vor den Deutschen nach Minsk, um sein Studium abzuschließen, 1941 nach Taschkent. Die Musik von Schostakowitsch hatte er schon in Minsk kennen lernen können. Nachdem er ihm seine erste Sinfonie zugeschickt hatte, lud ihn Schostakowitsch nach Moskau ein, was der Beginn einer engen persönlichen und musikalischen Beziehung mit Vierhändigspiel und Werk-Diskussionen war.
Weinberg hat zwei anspruchsvolle Konzerte für Flöte und Orchester komponiert, op. 75 und op.148, außerdem zwölf Miniaturen op. 29 und fünf Stücke ohne Opus für Flöte und Klavier (1945). Alles ist bei Peermusic verlegt, zu den Konzerten gibt es Partitur und Stimmen. Das erste Konzert für Flöte und Streichorchester, ein virtuoses und eingängiges Stück, entstand 1961. Das zweite wurde 1987 komponiert und ist Alexander Korneyev gewidmet, damals Professor am Tschaikowsky-Konservatorium. Das Autograf der Klavierpartitur ist erhalten, und es gibt zwei Orchesterfassungen, eine für großes Orchester, eine nur für Streicher. Dem Vorwort ist zu entnehmen, dass das Material des ersten Satzes zum Teil aus der 2. Sonate für Violine und Klavier op. 15 von 1944 stammt.
Musikalisch ist dieses Konzert vielschichtiger und ernster als das erste, von intensiver emotionaler Dichte im Klangbild und in der kompositorischen Struktur. Der Kopfsatz beginnt beinahe idyllisch, G-Dur ist relativ deutlich tonale Basis, als Mittelteil dann ein herbes Fugato in g-Moll mit durchgehend wie gehämmerten Achtellinien und eine harmonisch erweiterte Reprise. Die Stimmung des langsamen Satzes in fis-Moll ist abwesend, nach unten ziehend. Der dritte wirkt, zumindest am Anfang, tänzerisch gelöster, kur­ze Zitate der Themen von Glucks „Reigen seliger Geister“ und Bachs Badinerie scheinen gegen Ende als flüchtige Erinnerungen auf, dann verklingt der Satz langsam und leise.
Leider ist die Instrumentierung nicht im Klavierauszug eingetragen, nur im Kritischen Bericht mitgeteilt. Die Flöte ist ausgespart, das Soloinst­rument agiert also konkurrenzlos, Bassklarinette und Kontrafagott setzen Akzente. Schade, dass im Vorwort die sprachliche Gestaltung des deutschen Textes nicht überzeugt, die zugrunde liegende englische Version stammt laut Impressum von David Fanning. Vorwort und Kritischer Bericht sind nicht gezeichnet, als verantwortlich für Korrektorat und Revision wird im Impressum Bernhard Rusam genannt. Der Verlag plant langfristig weitere Ausgaben der Werke Weinbergs, ein Werkverzeichnis steht bereits online zur Verfügung. Die Editionsarbeit wird durch eine Kooperation mit dem Hamburger musikwissenschaftlichen Institut unter­stützt.
Ursula Pešek